Moses

[249] Moses, vom ägypt. Mo-udsche d.h. aus dem Wasser gezogen, der Gründer u. Gesetzgeber der jüd. Theokratie, der Sohn des Amram u. der Jochebed aus dem Stamme Levi, geb. um 1600 v. Chr. in Aegypten, zur Zeit als das Gesetz in Kraft war, daß jeder neugeborne hebr. Knabe im Nil ertränkt werden sollte. Ueber seine Jugendgeschichte haben Philo und Flavius Josephus, über seine spätere die Rabbinen und Mohammedaner vieles berichtet und gefabelt, allein zuverlässig ist nur das verhältnißmäßig wenige, was im Pentateuch selbst von ihm erzählt wird. Daraus geht im allgemeinen hervor, daß er nicht nur der von Gott ausdrücklich berufene Befreier und Gesetzgeber des hebr. Volkes war, sondern daß er auch bei der Erfüllung seiner Mission von Gott auf eine ganz außerordentliche Weise unterstützt wurde. Die Geschichte seiner Geburt, Aussetzung und Rettung, seiner Flucht u. des langjährigen Aufenthaltes bei dem midianitischen Priester u. Herdenbesitzer Jethro, der ihm die Zippora zur Frau gab, nicht minder die Geschichte vom brennenden Dornbusch sind allgemein bekannt; die Geschichte von seinen Wundern leben noch heute in den Ausdrücken: ägypt. Plage, Finsterniß u.s.w. gewissermaßen sprichwörtlich fort. Hinsichtlich seiner Wunder ist der modernen Kritik zu erwidern, 1) daß dieselben sich allerdings an in Aegypten gewöhnliche Naturerscheinungen anschließen, aber zu Wundern sich gestalteten durch unzeitiges und übermäßiges Erscheinen sowie durch plötzliches Aufhören der Plagen und daß dadurch Gott seine Oberherrlichkeit über das Land Aegypten sowie über die Natur überhaupt bethätigte; 2) daß die ägypt. Zauberer, an welche z.B. noch heute die Schlangenbändiger Aegyptens u. Indiens mahnen,[249] gegenüber den großartigen Wundern des M. ohnmächtig dastehen. Der Auszug der Israeliten aus Aegypten, die Gesetzgebung am Sinai, der langjährige Aufenthalt in der Wüste, der so viele Zeugnisse lieferte, wie wenig das Volk ohne außerordentliche göttliche Hilfe für die Erfüllung seiner welthistorischen Mission befähigt gewesen wäre, der Tod des 3 Jahre ältern Aaron u. des M., nachdem er vom Berge Nebo ins Land der Verheißung geschaut. sind jedem Kinde geläufig. – S. Aaron, Hebräer, Korah. – Die 5 Bücher M., die zusammen den sog. Pentateuch ausmachen, bilden den Anfang und in jeder Hinsicht die Voraussetzung und Grundlage des alten Testamentes. Das erste u. älteste, die Genesis d.h. die Schöpfung, verfaßte M. wahrscheinlich noch vor dem Auszug aus Aegypten und erzählte in den 50 Kapiteln desselben die Geschichte von der Erschaffung der Welt bis zum Tode Josephs, des Sohnes Jakobs; es umfaßt nach der gewöhnlichen Zeitrechnung 2369 Jahre. Das 2. Buch, Exodus d.h. Ausgang oder Auszug, beginnt mit der Vermehrung u. Unterdrückung der Israeliten in Aegypten, enthält in 40 Kapiteln die Geschichte des Auszuges, die Wunder des M., die Darlegung der israelit. Religion und Staatsverfassung durch die sinaitische Gesetzgebung, den Zeitraum vom Jahre der Welt 2369–2514, somit die Geschichte von 145 Jahren. Das 3. Buch heißt Leviticus, weil die 27 Kapitel desselben vorzugsweise die von Gott dem M. offenbarten Gesetze u. Gebräuche enthält, welche die Leviten bei Darbringung der Opfer u. Feier der Feste beobachten sollten. Das 4. Buch, Numeri d.h. Zahlen genannt, beginnt mit der Zählung der Kriegsmannschaft der Israeliten und erzählt vom 10. Kapitel an bis zum Schlusse (36. Kapitel) den weiteren Verlauf der Wanderung des Volkes und die letzten Thaten des M., den Einzug in Kanaan u. die Vertheilung des Landes, einen Zeitraum von beiläufig 39 Jahren umfassend. Das 5. Buch wird Deuteronomion d.h. zweites Gesetz genannt, weil die 34 Kapitel desselben das bereits gegebene Gesetz ausführlicher und eindringlicher einschärfen, vielleicht auch, weil das mosaische Gesetz das prophetische Vorbild des christlichen Gesetzes war. Laut Flavius Josephus schrieb M. dieses Buch einen Monat vor seinem Tode, der im letzten Kapitel nachträglich erzählt wird. Der schöne Zusammenhang des Pentateuch wird schon aus der gedrängten Inhaltsangabe der einzelnen Bücher einleuchtend. Daß M. auch den 90. Psalm oder gar die Psalmen 90–100 dichtete und Verfasser des Buches Hiob gewesen. ist höchst ungewiß u. hinsichtlich seines ganzen Wirkens gleichgültig. – Warburton, the divine legation of Moses, deutsch von Schmidt, Frankfurt und Leipzig 1751. Schuman: vita Mosis, Lips. 1826; neueste Schriften von Steenmayer (Arnheim 1852), J. B. Piancini (Lovan. 1853), E. Bousquet (histoire de sept réformateurs, Agen 1853 ff), Appia, Essai biographique sur Moïse, Strasb. 1853.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 249-250.
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