Aquilēja

[648] Aquilēja, Stadt im österreichisch-illyr. Küstenland, Bezirksh. Gradisca, an einem in das Adriatische Meer (Lagunen von Grado) mündenden Kanal gelegen, hat einen 1019–42 erbauten restaurierten Dom (romanische Basilika mit Krypte), ein Baptisterium aus dem 12. Jahrh. und einen 73 m hohen Glockenturm, Reste des Patriarchatspalastes, ein Altertumsmuseum (für die Funde aus der Umgebung) und (1890) 836, als Gemeinde (1900) 2319 ital. Einwohner. – A. wurde 182 v. Chr. 60 Stadien (9 km) vom Meer, mit dem es durch die einst schiffbare, jetzt versandete Lagune in Verbindung stand, als römisches Castrum angelegt und ward bald ebenso wichtig in politischer und strategischer Beziehung wie reich und blühend durch Handel. Über den nahen niedrigsten Alpenpaß nach NO. (Ocra, später Alpis Julia) gingen die Straßen nach Rätien, Noricum, Pannonien, Istrien und Dalmatien; deshalb galt A. für den Schlüssel Italiens von der Nordostseite. Seit Mark Aurel war es eine der ersten Festungen des Reiches, an deren Mauern 167 n. Chr. die Markomannen und Quaden starken Widerstand, später die Kaiser Maximinus (238) und Constantius (340) ihren Tod fanden. Als Hauptstadt der Provinz Venetia und Histria war A. im 4. Jahrh. die viertgrößte Stadt Italiens. Bis ins 5. Jahrh. hatte A. seine Größe behauptet, als es durch Attila nach dreimonatiger Belagerung 452 zerstört wurde. Die Einwohner flohen auf die Laguneninseln nach dem Hafen Gradus (Grado). Das alte A. erhob sich noch einmal. Im 6. Jahrh. entstand das aquilejische Patriarchat, das in den Wirren der Zeit eine Macht erlangte, die der des römischen Bischofs gleichkam und ganz Friaul nebst Istrien umfaßte. Nach dem Eindringen der Langobarden residierten Patriarchen auch in Gradus, mit denen die von A., die im 7. Jahrh. in Cormons, später in Cividale ihren Sitz hatten, in stetem Streit lebten, bis die Synode von Mantua 827 den Vorrang A. zuerkannte und ein Vergleich 1180 die beiden zugehörigen Sprengel festsetzte. 1451 wurde das Patriarchat von A. nach Venedig verlegt, kam aber dadurch in eine schwierige Stellung, da einerseits Österreich, anderseits Venedig die Ernennung des Patriarchen beanspruchte. Die Zwistigkeiten wurden erst 1750 durch Papst Benedikt beendet, der an Stelle des Patriarchats von A. zwei neue Erzbistümer, Udine und Görz, errichtete, die noch gegenwärtig bestehen. Vgl. v. Czoernig, Das Land Görz und Gradisca (Wien 1873); v. Breitschwert, A., das Emporium an der Adria (Stuttg. 1880).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 648.
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