Elektrisiermaschine,

[662] Elektrisiermaschine,Vorrichtung zur Erzeugung größerer Elektrizitätsmengen durch Reibung. Eine auf wagerechter, teilweise gläserner und von Glasstützen h, h getragener Achse i befestigte Glasscheibe A (Fig. 1) wird beim Drehen mittels einer Kurbel k in der Richtung des Pfeiles, zwischen zwei federnd gegen sie drückenden Lederkissen c, c durchgezogen und dadurch an denselben gerieben. Die Reibkissen sind auf der Glassäule f angebracht und, um die Elektrizitätserregung zu erhöhen, durch Kienmayersches Amalgam, eine Mischung von 1 Teil Zinn und 1 Teil Zink mit 2 Teilen Quecksilber, metallisch gemacht. Beim Reiben wird die Glasscheibe positiv, das Reibzeug negativ elektrisch; die negative Elektrizität des Reibzeugs wird durch eine Kette oder einen Draht von Metall m in die Erde geleitet und dadurch verhindert, sich mit der positiven der Glasscheibe wieder zu vereinigen. Diese, auf der Glasscheibe haftend und durch Streifen (e) aus einem nichtleitenden Stoff, Wachstaft oder Seide, am Entweichen gehindert, gelangt[662] beim Weiterdrehen zwischen zwei Holzringe b, d, die an dem Konduktor (a), einer auf einem Glasfuß (g) isoliert aufgestellten hohlen Messingkugel, leitend befestigt sind. An den Holzringen sind auf ihrer nach der Glasscheibe gekehrten Seite in einer mit Stanniol ausgekleideten Rinne metallene Spitzen angebracht. Die positive Elektrizität der Glasscheibe wirkt nun verteilend auf die beiden Elektrizitäten des aus Metallkugeln und Holzringen bestehenden Leiters a d d, treibt die positive Elektrizität in die Kugel a und zieht die negative in die Spitzen; aus diesen aber strömt letztere gegen die Scheibe und wird, indem sie sich mit deren positiver Elektrizität vereinigt u. die Scheibe unelektrisch macht, beseitigt.

Fig. 1. Scheiben-Elektrisiermaschine.
Fig. 1. Scheiben-Elektrisiermaschine.

Der Konduktor bleibt also mit einer positiven Elektrizitätsmenge geladen, die derjenigen gleich ist, welche auf der Scheibe durch die negative Ausströmung der Spitzen vernichtet wurde; der Erfolg ist also derselbe, als ob die Spitzen die positive Elektrizität der Glasscheibe eingesaugt und dem Konduktor zugeführt hätten; man bezeichnet deshalb die Holzringe auch wohl als Saugvorrichtung. Um nach Belieben auch die negative Elektrizität des Reibzeugs benutzen zu können, ist dasselbe auf einen Glasfuß gestellt und mit einem abgerundeten hohlen Messingkörper c als negativem Konduktor versehen; auf diesem sammelt sich negative Elektrizität, wenn man ihn isoliert läßt und den positiven Konduktor a zur Erde ableitet.

Fig. 2. Zylinder-Elektrisiermaschine.
Fig. 2. Zylinder-Elektrisiermaschine.

Verbindet man die Kette m (Fig. 1) mit einer auf Glasfuß ruhenden kleinern Kugel (Funkenzieher), die man der Kugel des ersten Konduktors gegenüberstellt, so springen zwischen beiden kräftige Funken über, solange die Scheibe gedreht wird.

Weniger zweckmäßig als die Scheiben-Elektrisiermaschine ist die Zylinder-Elektrisiermaschine (Fig. 2), weil bei ihr das Glas nur auf einer Seite gerieben wird; sie besteht aus einem Glaszylinder a auf der Welle b, der mittels einer Kurbel d um seine Achse gedreht und dadurch an dem federnd gegen ihn drückenden Reibzeug e vorübergeführt wird. c ist ein Stück Wachstuch. Auf dem Konduktor r sammelt sich die negative, auf dem Konduktor v die positive Elektrizität. Die Körper, die man mittels der E. elektrisch machen will, müssen natürlich ebenso wie die Konduktoren der E. selbst isoliert sein. Man kann z. B. seinen eignen Körper elektrisch machen, wenn man sich auf den Isolierschemel, ein von Glasfüßen oder Flaschen getragenes Brett (Fig. 3), oder auf eine Kautschukplatte stellt, oder Gummiüberschuhe anzieht und dabei den Konduktor berührt.

Fig. 3. Isolierschemel.
Fig. 3. Isolierschemel.

Die Haare sträuben sich infolge der gegenseitigen Abstoßung empor und fallen zusammen, sobald aus dem Konduktor oder dem menschlichen Körper selbst ein Funke gezogen wird. Papierschnitzel u. dergl. werden von den Händen angezogen wie von einer geriebenen Siegellackstange etc. Man kann in diesem Zustand eine Gasflamme oder Äther, den eine andre nicht isolierte Person in einem Löffel entgegenhält, durch einen aus der Fingerspitze springenden Funken entzünden. Die Dampf- oder Hydro-Elektrisiermaschine von Armstrong gründet sich darauf, daß der aus dem Hahn eines Dampfkessels ausströmende Dampf elektrisch (gewöhnlich positiv), der Kessel bei Isolierung entgegengesetzt elektrisch ist.

Fig. 4. Armstrongs Dampf-Elektrisiermaschine.
Fig. 4. Armstrongs Dampf-Elektrisiermaschine.

Diese Elektrizität entsteht durch Reibung der von dem Dampf mitgerissenen Wasserteilchen an Ausströmungsroh-Abbildung einer sol-Kessel A 44 cm im 96 cm lang ist. Die sich innerhalb des den Wänden des res. Fig. 4 zeigt diechen Maschine, deren Durchmesser hat und Feuerung befindet Kessels; f ist die Feuertür, a ist ein Wasserstandsanzeiger, d ein Sicherheitsventil zur Regulierung der Spannkraft des Dampfes, g ist der Schornstein zum Abzug der Feuergase. Oben auf dem Kessel befindet sich ein Hut H angeschraubt (ähnlich dem Mannloch der großen Maschinenkessel), und darauf ist ein kurzes, mit einem Hahn t verschließbares Messingrohr angebracht, das in ein gußeisernes Rohr b c einmündet, aus dem der Dampf in eine Reihe horizontaler, mit Holz ausgefütterter Röhren F einströmt, in denen er sich reibt.[663] Aus denselben und damit aus der ganzen Maschine austretend, strömt der Dampf gegen eine Reihe von Metallspitzen B, an die er seine +E abtritt, die in den Erdboden abfließt, wogegen die -E auf dem durch Glasfüße isolierten Dampfkessel zurückbleibt. Über die Influenz-E. s. Influenzmaschine.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 662-664.
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662 | 663 | 664
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