Eumĕnes

[164] Eumĕnes, 1) E. aus Kardia in Thrakien, makedon. Feldherr, wurde, kaum 20 Jahre alt, Kanzler Philipps von Makedonien und blieb dies auch unter Alexander d. Gr., der ihn besonders zu diplomatischen Verhandlungen verwendete. Nach dessen Tod erhielt er durch Perdikkas die Statthalterschaft über Kappadokien und Paphlagonien und besiegte dessen Gegner Krateros und Antipatros 321 v. Chr. in einer Schlacht, in der Krateros selbst und dessen Verbündeter Neoptolemos fielen. Als Freund des Perdikkas nach dessen Ermordung 321 geächtet, zog sich E. nach Kappadokien zurück und warf sich, von Antigonos verfolgt, in das feste Bergschloß Nora, wo er sich über ein Jahr hielt. Als Antigonos nach Antipatros' Tode sich zum Reichsverweser (anstatt Polyperchons) zu machen suchte, verweigerte ihm E. die begehrte Unterstützung, entkam aus Nora, sammelte ein Heer, mit dem er sich Phönikiens bemächtigte, und wurde von Polyperchon zum Strategen in Asien ernannt. Als solcher verstand er es mit wunderbarem Geschick, die unzuverlässigen, nur auf eignen Vorteil bedachten Satrapen zu gemeinsamem Handeln zu vereinigen und zur Anerkennung seiner Feldherrnwürde zu bringen, widerstand dem an Truppen ihm weit überlegenen Antigonos in den unentschieden gebliebenen Kämpfen in Parätakene und Gabiene mit Erfolg und wußte den Gegner durch seine Kriegskunst und seinen erfinderischen Geist im Schach zu halten, so daß das Heer ihn zum alleinigen Führer wünschte. Aber die übrigen Feldherren und Satrapen haßten den »Schreiber« und »Fremdling«, zettelten eine Verschwörung gegen ihn an und wußten seine Soldaten in ihrer Treue wankend zu machen, so daß sie ihren Führer an Antigonos verrieten, der ihn (316) im Gefängnis töten ließ. Aus dem Altertum haben wir Biographien des E. von Plutarch und Cornelius Nepos.

2) E. II., ältester Sohn Attalos' I., König von Pergamon seit 197 v. Chr., gest. 159. Als treuer Bundesgenosse unterstützte er die Römer 195 gegen den spartanischen Tyrannen Nabis, nahm eifrigen Anteil an ihrem Kriege gegen die Ätolier und den syrischen König Antiochos d. Gr. und verhalf ihnen in der Schlacht bei Magnesia 190 zum Sieg. Aus Dankbarkeit schenkte ihm der Senat alle Länder, die Antiochos diesseit des Taurus besessen hatte, Lykien und Karien ausgenommen, und machte ihn dadurch zu einem der mächtigsten Könige in Asien. Ein Krieg mit dem von Hannibal unterstützten bithynischen Könige Prusias verlief für ihn unglücklich, so daß die Römer für ihn eintreten mußten, die ihn auch gegen Pharnakes, den König von Pontus, unterstützten; als er dann aber mit den Rhodiern in Streit geriet, nährten diesen die Römer absichtlich, um E. nicht zu mächtig werden zu lassen. Doch erlangte er die Gunst des römischen Senats wieder, als er demselben bei einem Besuch in Rom 172 die Pläne des Königs Perseus von Makedonien enthüllte. Im zweiten Makedonischen Kriege stand E. anfangs auf seiten der Römer, ließ aber allmählich, da er sich in seinen Hoffnungen auf den Besitz Makedoniens getäuscht sah, in seinem Eifer nach und knüpfte selbst mit Perseus Unterhandlungen an, die sich aber an dessen Geize zerschlugen. Er wurde daher nach der Beendigung des Krieges von den Römern, die ihn jetzt nicht mehr brauchten, sehr ungnädig behandelt, und nur sein Tod verhinderte den offenen Ausbruch von Feindseligkeiten mit Rom. Er hinterließ das Reich, da sein Sohn noch unmündig war, seinem Bruder Attalos. E. war ein Gönner der Künste und Wissenschaften, zog bedeutende Gelehrte und Künstler an seinen Hof, begründete die berühmte pergamenische Bibliothek und vollendete den großartigen Altar mit dem Gigantenfries (vgl. Pergamon).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 164.
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