Katharer

[744] Katharer (Katharisten), gnostische Sekten des Mittelalters, die von Kleinasien über Griechenland, Illyrien, Bosnien nach Oberitalien und besonders dem südlichen Frankreich und dem westlichen Deutschland sich verzweigten. Der Name K. bedeutet »Reine«, weil sie die Rückkehr zur reinen Lehre Jesu forderten; gewöhnlich aber wurden sie bald wegen ihrer. Herkunft aus der Bulgarei Bulgaren, woraus das französische Schimpfwort bougre entstand, bald zum Zeichen ihrer Verächtlichkeit, als Menschen aus der niedrigsten Volksklasse, nach der Pataria (s. d.) Patarener oder Patariner, bald Publikaner, bald wegen ihrer Gutherzigkeit in Frankreich Gutmänner (Bons-hommes) genannt, wogegen der deutsche Ausdruck »Ketzer« auf Gazzari, die lombardische Form von Kathari, zurückweist. Alle K., mochten sie im übrigen einer strengen dualistischen Lehre im Anschluß an die Paulicianer (s. d.) oder aber einer monarchianischen Weltanschauung im Gefolge der Bogomilen (s. d.) huldigen, hatten mehr oder weniger gnostisch-manichäische Ansichten über den Ursprung und die Natur des physischen und sittlichen Übels und übten im Zusammenhang damit strenge Askese, während das Bedürfnis der Ordnung und des Zusammenhalts mit der Zeit eine gegliederte Hierarchie in der Sekte einführte. Die Erlösung vom Übel erwarteten sie von möglichster Entsagung, daher sie die Ehe, irdischen Besitz, das Töten von Tieren und den Genuß von animalischen Speisen verwarfen. Die, welche sich dieser Bestimmung streng unterwarfen, hießen die Vollkommenen (perfecti), die übrigen die Gläubigen (credentes). Wie alle Sekten, behaupteten sie, das Ideal der unsichtbaren Kirche zu verwirklichen. Ihre religiösen Gebräuche waren höchst einfach, die Predigt der Hauptteil des Gottesdienstes. Nachdem verschiedene kirchliche Missionare ihre Bekehrung zur römischen Kirche versucht, erlag die Sekte endlich, bis auf wenige zerstreute Reste, seit den großen Albigenserkriegen (s. Albigenser) den Verfolgungen der Inquisition. Mit Unrecht hat man auch die Waldenser zu den Katharern gezählt. Vgl. Schmidt, Histoire et doctrine de la secte des Cathares (Straßb. 1849, 2 Bde.); Döllinger, Beiträge zur Sektengeschichte des Mittelalters, Bd. 1 (Münch. 1890).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 744.
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