Mauerwerk

[456] Mauerwerk im Befestigungswesen dient noch heute wie früher zur Herstellung von Hohlbauten aller Art, Kasematten, Kaponnieren etc., jetzt aber weniger, wie bei alten Festungen zur Bekleidung von Böschungen und als Hindernismittel, weil es der heutigen Geschützwirkung nicht widerstehen, insbes. dem indirekten Schuß nicht entzogen werden kann. Die alten Befestigungssysteme machten zur Erreichung der Sturmfreiheit bei trocknen Gräben für die Bekleidung der Eskarpe und Kontreskarpe, aber auch bei den sonstigen Verteidigungsanstalten vom M. reichlichen Gebrauch. Eine Ausnahme machte nur die niederländische Manier, die statt dessen die natürlichen Schutzmittel des Landes, Erde und Wasser, ausnutzten. Bei den modernen Befestigungen läßt man die dem direkten Feuer ausgesetzten Böschungen unbekleidet und ebenso wendet man statt des Mauerwerks andre Hindernismittel (Drahtgitter etc.) an. Das zur Bekleidung von Böschungen dienende M. kann anliegend (Futtermauer, Revêtement) oder freistehend sein. Die Kontreskarpe erhält stets ersteres, damit der Feind keine Deckung dahinter findet, will man durch M. der Eskarpe Sturmfreiheit erreichen, so muß es ganze Futtermauern (7–10 m hoch) bilden. Ist eine freistehende Mauer mit Schießscharten versehen, so heißt sie krenelierte Mauer, dahinter ist meist ein Rondengang angeschüttet; erhält dieser Quermauern oder werden diese noch überwölbt, so entstehen Arkaden- oder krenelierte Bogenmauern. Bei anliegendem M. erhält die Stirnfläche durch Abnahme der Mauerstärke von unten nach oben eine Neigung, Talus, die 1/10–1/12 der Höhe beträgt, oder sie wird gekrümmt oder geknickt geführt (englische Mauer). Die obere, übergreifende Reihe größerer Steine, die als Traufsteine dienenden Kordonsteine (der Kordon) bilden die Magistrale, bei den alten Systemen die Basis der Konstruktion. Zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegen Bodendruck und Breschieren erhielten die Futtermauern Strebepfeiler, die, wenn überwölbt, zur Dechargen- oder Entlastungsmauer wurden. Führte man diese Anlage bis zur Rückseite des Walles durch, so entstanden Perpendikularkasematten, kasemattiertes M., das, wenn es mit Schießscharten versehen war, als verteidigungsfähiges, andernfalls als totes M. bezeichnet wird. Diese verschiedenen Arten von M. kommen jetzt nur in noch vorhandenen Hauptumwallungen, in beschränktem Maß auch in Forts, Anschlußbatterien, Zwischenwerken etc. vor. Man benutzt da vielfach das M. der Kontreskarpe, indem man das Profil der Widerlager (Strebepfeiler) und des Gewölbes in die Außenfläche treten läßt, zur Herstellung von Reversgalerien etc. Solche Schildmauer erleichtert das Herstellen von Kasematten, die dann als Reverskaponnieren benutzt werden können. Überhaupt wird das M. auch ferner zu Hohlbauten, die der Grabenverteidigung dienen, wie Revers- und Eskarpenkaponnieren, zu Blockhäusern der Waffenplätze etc., hauptsächlich aber für die durch Betonschichten gegen Steilfeuer geschützten, dem direkten Feuer entzogenen Schutz- und Unterkunftsräume verwendet werden, soweit es nicht durch Panzerungen ersetzt wird. Vgl. Festung.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 456.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika