Nebel [1]

[482] Nebel, eine der Formen, unter denen sich der Wasserdampf der Luft in tropfbarflüssigem Zustand ausscheidet. Der N. bildet kleine Wassertröpfchen, die in größern Mengen die Luft mehr oder weniger trüben und ihre Durchsichtigkeit beeinträchtigen. N. ist meist eine der Erde auflagernde Wolke, unterscheidet sich aber bisweilen von ihr durch besondere Entstehungsweise. N. bildet sich 1) wenn feuchte und wärmere Winde über eine kältere Strecke der Erdoberfläche hinstreichen. Solche N. treten in der gemäßigten Zone häufig im Winter nach einer längern Kältezeit ein und bezeichnen das Eintreten von Tauwetter. Hierher gehören auch die N., die sich im Sommer in den Polarländern bilden, so oft feuchte Winde über das Eis hinwehen. Beispiele bieten die sprichwörtlich gewordenen N. Englands (Fog) und die N. über der Neufundlandbank: südliche Luftströme, die sich über dem Golfstrom erwärmt und eine reichliche Menge von Wasserdämpfen aufgenommen haben, gelangen hier in Gegenden, wo das Meer durch die aus der Davisstraße kommenden kalten Polarströme stark abgekühlt ist, also an der Grenze kalter und warmer Meeresströmungen. Solche N. sind stets besonders dicht und gehen häufig in Regen über. Außerdem entstehen aber auch N., wenn 2) die Oberfläche der feuchten Erde, des Meeres oder eines andern Gewässers wärmer ist als die Luft, die auf ihnen ruht oder über sie hinweht: die durch Verdunstung des wärmern Wassers entstehenden Wasserdämpfe sättigen bald die darübergelagerte kältere Luft und scheiden sich dann in Form von N. aus. Dieser Art sind die N., die im Sommer nach Gewitterregen oder des Morgens oder Abends, besonders im Spätsommer und Herbst, über Flußtälern, Seen, Teichen und Mooren oder feuchten Wiesen lagern, sobald die Temperatur der Luft unter die des Wassers oder des feuchten Erdbodens sinkt. Hierher gehören auch die Gebirgsnebel und die sogen. Seenebel, von denen die letztern durch kalte Winde auf der See entstehen, nach dem Lande ziehen und sich dort zum Teil wieder auflösen. Im Winter sieht man bei ruhiger Luft auch N. über Quellen entstehen, deren Temperatur höher als die der Luft ist. Liegt die Temperatur der Luft unter 0°, so erscheint ein aus seinen Eiskristallen bestehender N. (Frostrauch, Eisnebel), den man am stärksten in den Polarmeeren und in Gebirgsgegenden beobachtet. Die Nebelbildung unterbleibt an Orten, wo Regen und Tau mangeln, wie in den großen Sandwüsten Afrikas und Asiens; denn obwohl hier die Temperatur während der Nacht tief herabsinkt, so fällt sie doch wegen der nachhaltigen Wärme des Sandbodens nicht unter den Taupunkt der Luft. Bildet sich N. am Morgen, so wird er, wenn die Temperatur durch die aufsteigende Sonne wieder hinlänglich erhöht ist, aufgelöst. Aus der Entstehung des Nebels folgt, daß Windstille die Nebelbildung begünstigt, und daß man mit Recht die wohlbekannte Wetterregel aussprechen kann: »steigender N. bringt Regen, fallender Sonnenschein«. Ein nur bis Mannshöhe reichender N. heißt Bodennebel.

Als trockne N. bezeichnet man durch Rauch entstandene Trübungen der Atmosphäre. Sie treten entweder allein oder mit feuchten Nebeln vereinigt auf und verschwinden über großen Städten selbst unter den günstigsten Verhältnissen fast nie vollständig. Besonders häufig und belästigend sind die Stadtnebel in London, die sowohl der Gesundheit schädlich sind, als auch durch Verminderung des Tageslichts Verkehrsstörungen und enorme Beleuchtungskosten verursachen. Sie sind auf die große Raucherzeugung der Fabriken und Privatheizungen sowie auf den Wasserdunst der Themse und des nahen Meeres zurückzuführen. Zu den trocknen Nebeln gehört auch der Höhenrauch (s. d.), die Calina (s. d.) in Spanien und der Qobar (s. d.) in Äthiopien. Vgl. Elias, Die Entstehung und Auflösung des Nebels (Berl. 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 482.
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