Sonnenschein

[608] Sonnenschein, die Licht- und Wärmestrahlung der Sonne, für das menschliche, tierische und pflanzliche Leben das wichtigste meteorologische Element. Mit dem S. steht in Beziehung die Gemütsstimmung und die Empfänglichkeit für Krankheiten beim Menschen (z. B. Influenza), die Aktivität der Bazillen, die Chlorophyllbildung bei der Pflanze etc. S. gibt Wärme und Licht und hat auch chemische Wirkung, seine Messung muß daher nach diesen drei Richtungen ausgeführt werden. Die Wärmewirkung wird bei den Sonnenscheinautographen zur Erzeugung einer Brennspur bei S., bei den Aktinometern zur Temperaturerhöhung bestrahlter Körper benutzt. Die Lichtwirkung wird durch Photometer bestimmt; mittels der chemischen Wirkung zeichnet man bei dem Sunshine recorder von Jordan und dem von Maurer die Sonnenscheindauer auf. Am einfachsten sind die erst- und letztgenannten Apparate zu bedienen und werden deshalb meist angewandt; die Aktinometer erfordern physikalische Schulung des Beobachters, geben aber dafür die Intensität des Sonnenscheins, erstere nur seine Dauer an. Über die Intensität des Sonnenscheins s. Artikel »Insolation«. Die Dauer des Sonnenscheins ist abhängig von der Bewölkung und von Trübungen der Atmosphäre. Da man meist noch nicht vieljährige Beobachtungen über S. hat, um Normalmittel abzuleiten, so drückt man gewöhnlich die tatsächliche Dauer des Sonnenscheins in Prozenten der möglichen Dauer (d. h. der Zeit zwischen Auf- und Untergang der Sonne) aus. Man hat auch die Ergänzungszahlen der normalen Bewölkung (ausgedrückt in Prozenten des Himmelsgewölbes) zu 100 Proz. mit der tatsächlichen Dauer des Sonnenscheins verglichen, ohne große Übereinstimmung zu finden, da die Apparate nur auszeichnen, ob die Sonne auf ihrer Bahnlinie scheint, den ganzen übrigen Himmel aber unberücksichtigt lassen. Bei Wolken großer Mächtigkeit (Haufenwolken) kann die Sonne bei hohem Stand eher durch kleine Lücken scheinen als bei niedrigem. Trübungen der Atmosphäre bewirken, daß nach Ausgang und vor Untergang der Sonne wegen des weitern Weges der Strahlen in der Atmosphäre die Apparate gewöhnlich eine halbe Stunde lang untätig sind, ebenso bei Nebel und der oft nicht sichtbaren Anwesenheit reichlichen Wasserdampfes (unsichtbare oder latente Wolken). Eine dritte Störung bilden Rauch und Staub: so hatte im Januar 1901 bei Südwind Potsdam 112 Stunden S., Berlin nur 83 und Blankenburg (7 km nördlich) nur noch 73. Nach König und Kremser nimmt die Dauer des Sonnenscheins in Europa von Norden nach Süden und von Westen nach Osten zu; die tägliche Dauer beträgt in Schottland etwa 3 Stunden, in Irland 3–4, England 31/2-41/2, Deutschland 41/2-5, Frankreich 5–6, Schweiz 41/2-6, Österreich 5–7, Spanien 7–8. Berggipfel ragen im Winter häufig über die dann tief liegende Wolkendecke hinaus und haben dann mehr S. als die Ebene, so hat der Säntis im Winterhalbjahr im Durchschnitt täglich 2 Stunden mehr als Zürich. Vgl. König, Dauer des Sonnenscheins in Europa (Halle 1896); Kremser in der Zeitschrift »Das Wetter«, 1895.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 608.
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