Stoß, Veit

[71] Stoß, Veit, Bildhauer und -Schnitzer, geb. um 1430–40 wahrscheinlich in Nürnberg, gest. daselbst 1533, ging 1477 nach Krakau, wo er bis 1486 und von 1489–96 tätig war. Er schuf hier 1477–84 den Hochaltar für die Marienkirche, in dessen Mittelschrein Tod und Himmelfahrt der Maria in überlebensgroßen, vollrunden Figuren, auf dessen Flügeln Szenen aus dem Leben Christi und der Maria in Reliefs dargestellt sind. Nach dem Tode des Königs Kasimir IV. Jagello 1492 arbeitete S. dessen Grabmal aus rotem Marmor für die dortige Kathedrale. Vorher schon entstand die in Marmor ausgeführte Grabplatte des Erzbischofs Johannes Gruszczynski, bald darauf die des Erzbischofs Zbigniew Olesnicki im Dom zu Gnesen. 1496 kehrte S. nach Nürnberg zurück, wo er ebenfalls eine sehr fruchtbare Tätigkeit in der Anfertigung von in Holz geschnitzten Altären, Gruppen und Einzelfiguren entfaltete. Seine Hauptwerke sind: drei Steinreliefs mit dem Abendmahl, dem Ölberg und der Gefangennahme Christi an der innern Chorwand der Sebalduskirche (1499), die Rosenkranztafel im Germanischen Museum, ein Relief mit der Krönung der Madonna, die ehemals am Hause des Meisters befindliche Madonna und eine kniende Maria daselbst, die Schnitzwerke des Wohlgemutschen Altars in der Schwabacher Stadtkirche (1508), der Englische Gruß in der Lorenzkirche (1518 von Anton Tucher gestiftet), vom Gewölbe des Chors herabhängend und die Figuren des Engels und der Maria in einem mit sieben Medaillons geschmückten Kranz darstellend (Mittelgruppe auf Tafel »Bildhauerkunst VIII«, Fig. 6), die Meisterschöpfung des Künstlers, und der Altar in der obern Pfarrkirche zu Bamberg. Der Charakter von S.' Kunst ist herbe Kraft, doch spricht sich in seinen Figuren auch zarte Empfindung aus. Die Formengebung ist noch gebunden und der Faltenwurf von der unruhigen, knitterigen Art des spätgotischen Stils beherrscht. S. war ein unruhiger Bürger, der dem Rat von Nürnberg viel Verdruß bereitete. Wegen Fälschung wurde er gebrandmarkt und beging Verrat an seiner Vaterstadt, den er mit Gefängnis büßen mußte. Von seiner Tätigkeit als Kupferstecher zeugen elf mit seinem Monogramm (F Bild im Fließtext S) bezeichnete Stiche. Sein Sohn Stanislaus, der in Krakau verblieben war, fertigte dort unter anderm den Stanislausaltar für die Marienkirche. Vgl. Bergau, Der Bildschnitzer Veit S. und seine Werke (Nürnb. 1884); Daun, Veit S. und seine Schule in Deutschland, Polen und Ungarn (Leipz. 1903) und Veit S. (in den »Künstlermonographien«, Bielef. 1906).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 71.
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