Cranmer

[502] Cranmer (spr. Krännmer), Thomas, geb. 2. Juli 1489 zu Aslacton in Northamptonshire; studirte zu Cambridge u. wurde hier 1524 Professor der Theologie. König Heinrich VIII. fragte bei seiner Scheidung von Katharina von Aragon ihn um Rath, u. da C. für dieselbe stimmte, so schickte ihn der König als Gesandten nach Rom, wo er sich klug benahm u. zum Großpönitentiarius des Heiligen Stuhls in England ernannt wurde. In gleicher Angelegenheit ging er 1531 nach Deutschland, knüpfte daselbst Verbindung mit den Häuptern der Reformation an u. heirathete hier Osianders Nichte zu Nürnberg. Dies nicht wissend, ernannte ihn Heinrich VIII. 1532 zum Erzbischof von Canterbury. C. trat nun offen als Beförderer der Reformation in England auf, bestätigte (noch im Namen des Papstes u. sich für seinen Legaten ausgebend) die Scheidung des Königs u. dessen schon geschehene Heirath mit Anna Boleyn, griff die Macht des Papstes offen im Parlament an, sagte sich ganz von demselben los, sprach 1536 die Ehescheidung der Anna Boleyn aus, vermochte aber nicht Heinrich VIII. ganz zum Abfall vom Katholicismus zu bewegen; vielmehr mußte er 6 dem Parlament vorgelegte, gegen Luther streitende Artikel anerkennen u., da unter diesen einer war, welcher die Priesterehe verbot, seine Gattin nach Deutschland zurückschicken. Nach Heinrichs VIII. Tode 1547 führte C. unter der Regentschaft für Eduard VI. die Reformation völlig ein; aber nach der Thronbesteigung der Königin Maria wurde er verhaftet u. des Hochverraths u. der Ketzerei angeklagt. Er flehte die königliche Gnade an, u. diese wurde ihm bewilligt, wenn er ein Glaubensbekenntniß, welches die Anerkennung der Transsubstantiation u. des Meßopfers enthielt, unterzeichnen wollte. Da er sich dessen weigerte, wurde er seiner geistlichen Würden entsetzt, dem weltlichen [502] Gericht übergeben, gefangen gesetzt u. zum Feuertode verdammt. Aus Furcht ließ er sich zum Widerruf bewegen, kurz darauf aber, als er sah, daß man ihn doch verderben wollte, erklärte er seinen Widerruf als ihm abgedrungen u. aus Furcht vor dem Tode erzeugt u. st. den 20 März 1556 standhaft den Feuertod. Seine zahlreichen Schriften handeln sämmtlich über religiöse Streitpunkte damaliger Zeit. Lebensbeschreibung von Todd, Lond. 1831, 2 Bde.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 502-503.
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