Descartes

[861] Descartes (spr. Däkart), René (Renatus Cartesius), geb. 31. März 1596 zu la Haye in Touraine, wendete Anfangs im Jesuitencollegium zu Laflèche großen Fleiß auf die Wissenschaften, allein bald glaubte er zu bemerken, daß sie, mit Ausnahme der Mathematik u. Theologie, auf seichtem Grunde erbaut wären. Dies stürzte ihn in den Zustand des Zweifels u. der Verachtung der Wissenschaft, u. er nahm Kriegsdienste (zuletzt diente er bei den Baiern unter Tilly); doch verließ er 1629 die Armee, machte eine große Reise u. lebte seit 1629 in Holland; hier betrat er eine neue Bahn in der Philosophie. Auf Verlangen der Königin Christine ging D. 1649 nach Schweden, wo er in Stockholm 11. Febr. 1650 st.; sein Leichnam wurde 1666 nach Paris gebracht u. dort beigesetzt u. ihm 1852 in Tours ein Denkmal errichtet. Seine Behauptungen sind: daß man an Allem einmal zweifeln müsse (daher Cartesianischer Zweifel, s. u. Zweifel); daß die Existenz Gottes aus einem, dem Menschen angeborenen Begriffe vom höchsten Wesen herzuleiten sei, zu dessen Vollkommenheit auch die Existenz gehöre u. dessen Mitwirkung (Assistenz) zur Fortdauer der materiellen u. denkenden Substanz nothwendig sei; daß das Wesen des Geistes nur im Denken bestehe (Cogito, ergo sum! als Hauptsatz seines Systems), daß die Materie unendlich ausgedehnt, jede durch die Sinnorgane erworbene Kenntniß unsicher, der Wille des Menschen vollkommen frei sei etc. Die Descartische (Cartesianische) Philosophie fand namentlich in den Niederlanden u. in Frankreich viele Anhänger, ungeachtet sie in Italien (1643) u. in Holland durch die Synode zu Dordrecht (1656) verboten, er selbst aber sogar des Atheismus angeklagt wurde. Außer auf Logik u. Metaphysik erstreckten sich seine Untersuchungen auch auf Mathematik u. Physik. Er schr.: Opera philosophica, Amsterd. 1664, 7 Bde.; Opera mathematica et philosophica, ebd. 1692 bis 1701, 9 Bde., enthalten folgende vorher als Eigenwerke daselbsterschienene Schriften: Principia philosophiae; Specimina philosophiae; De prima philosophia; De homine; Geometria; Compendium musicae; Epistolae, 3 Bde.; Opera postuma. Französische Übersetzungen, Par. 1722–29, 13 Bde.; von Cousin, 1824–26, 11 Bde.; Lebensbeschreibung u.a. von Morrier, Genf u. Par. 1767 (übersetzt von Cäsar, Lpz. 1777). Vgl. Nieuwenhuis, De Ren. Cartesii commercio cum philosophis belgicis, Löwen 1827; Die philosophischen Lehren über die Gewißheit, aus dem Französischen des Abbé Gerbert, Mainz 1829; Bouillier, Hist. et critique de la révolution cartésienne, Lyon 1842.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 861.
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