Ebersdorf

[450] Ebersdorf, 1) reußisches Fürstenthum, jüngerer Linie, hat mit dem 1825 angefallenen Fürstenthum Lobenstein (Lobenstein-E.) 8 QM. u. 22,000 Ew. u. liegt an der Ostseite des Frankenwaldes u. an der oberen Saale; der Boden ist ein Hochland, waldig, nicht besonders fruchtbar; Flüsse: Saale u. Selbitz. Die Bewohner treiben Bergbau auf Eisen u. Kupfer, Woll-, Baumwoll- u. Tabakfabrikation u. Handel mit ihren Erzeugnissen. Der Fürst hat auch Besitzungen in der Lausitz u. im preußischen Sachsen; der Fürst Heinrich LXXII. entsagte am 1. Oct. 1848 der Regierung zu Gunsten des Fürsten von Reuß-Schleiz, wodurch das Land der jüngeren Linie unter Einem souverainen Fürsten vereinigt wurde; 2) Amt darin an der Saale; 3) Marktflecken darin an der Friesa, ehemalige Residenz der Fürsten, Landrath, Rentamt, Park mit dem Lusthaus Tempe, Herrnhutercolonie, die fast die Hälfte der Ew. zählt, eine Erziehungsanstalt hat u. sehr betriebsam ist; Fabrikation von Tabak, Baumwollenwaaren, Seife, Holz- u. anderen Kunstwaaren, Stickerei, Kunsttischlerei, Brauerei u. Brennerei, 1250 Ew.; seit 1840 hier Kaltwasserbadeanstalt. In der Nähe das Lustschloß Bellevue. – E. gehörte früher den Herren von Machwitz; diese starben 1681 mit Christian Friedrich in männlichen Erben aus, u. E. kam an die jüngere Linie der Grafen Reuß; 1682 kaufte Graf Heinrich X. von Lobenstein seinen Mitbelehnten ihre Antheile ab u. wählte E. zu seiner Residenz, wozu er das Schloß bauen ließ; seit 1848 ist E. nicht mehr Residenz, s.u. Reuß (Gesch.). 4) (Stift-E.), Pfarrdorf im Gerichtsamt Frankenberg des königlich sächsischen Kreises Zwickau, mit 950 Ew.; Braunkohlengruben, alte Kirche, war einst ein berühmter Wallfahrtsort. Im Pfarrhause werden die Kleider der 1455 geraubten sächsischen Prinzen u. ihres Retters Schmidt (s.u. Prinzenraub) aufbewahrt. 5) Dorf an der Schwechat im österreichischen Kreise Unterwienerwald; Artilleriekaserne, Metallwaaren- u. Kattunfabrik, Wallfahrtskirche, 1200 Ew.; sonst mit Erziehungsanstalt für Offizierstöchter (jetzt in Maidling). In dem dasigen Thiergarten jagte Kaiser Karl VI. öfters. 1683 wurde E. von den Türken verbrannt, 1725 dem Prinzen von Savoyen geschenkt. Von hier aus dirigirte 1809 Napoleon die Schlacht von Aspern. [450] 6) Dorf im Kreise Glatz des preuß. Regierungsbezirks Breslau; Schloß, Steinkohlengruben; 1200 Ew.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 450-451.
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