Glied

[407] Glied, 1) (Articulus), in der äußeren Darstellung des Körpers ein einzelner, bes. beweglicher Theil desselben, namentlich im Gegensatz von Kopf u. Rumpf; auch eine einzelne Abtheilung solcher äußerer Körpertheile, wie Finger- od. Zehenglieder; 2) ähnliche Abtheilung eines mechanisch verbundenen Ganzen, das gegen die anderen freie Beweglichkeit hat, wie Glieder einer Kette; 3) auch in Pflanzen das Mittelstück zwischen zwei Gelenken; daher Gliederhülse, s.u. Frucht I. C) f); 4) ein allgemeiner Größenausdruck, sofern er für sich als etwas Abgeschlossenes betrachtet wird, aber doch mit andern in Verbindung steht. Daher G. eines Verhältnisses, einer Proportion, Reihe, eines Kettenbruches, einer Gleichung, s.d. a.; 5) (Kriegsw.), die in einer geraden Linie neben einander aufgestellte Abtheilung eines geschlossenen Truppenkörpers. Früher wurden die Truppen in sechs u. mehr Glieder zum Gefecht formirt, jetzt ist in der Linienstellung bei der Infanterie die Aufstellung in drei Gliedern, das dritte Glied zum Tirailliren bestimmt, ziemlich allgemein angenommen; Jäger u. Schützen stehen in zwei Gliedern, ebenso auch die Cavallerie u. Artillerie u. die Pionniere. Jedes G. ist, wenn es aufgestellt wird, in sich gerichtet. Die G. stehen meist geschlossen in einem Abstand von 1 Fuß von einander, geöffnet zwei bis vier Schritte; letzteres jedoch nur bei Revidirung des Anzugs, der Waffen u. zu Specialbesichtigungen; daher Gliederfeuer, das Feuer der Infanterie, bei welchem abwechselnd das erste u. zweite Glied feuert; vgl. Schießen; 6) (Bauk.), einer von den einzelnen Theilen, aus denen ganze Gesimse zusammen gesetzt werden. Man theilt die G-er ein: A) hinsichtlich ihrer Bestimmung in tragende, welche zur Unterstützung darauf folgender Bautheile dienen; bedeckende, welche einen Bautheil beendigen u. bekrönen; besäumende, welche einen Bautheil einfassen; verbindende u. trennende, welche die Absonderung der Hauptglieder von einander bewirken. B) Der Form nach sind die G-er: a) gerade, u. zwar: aa) die Platte springt als Hauptglied eines Gesimses weit über die unter ihr liegenden G-er hervor, hat auf der untern Fläche eine Aushöhlung (Regenrinne) u. heißt dann hängende Platte od. Kranzleiste; wird die Platte als eine wenig ausladende Einfassung gebraucht, so heißt sie ein Band; bb) der Riemen (Saum) ist ein kleines Plättchen, als Verbindungsglied dienend; b) gebogene: aa) Rundstab (Pfuhl), bb) gedrückter Pfuhl, cc) Stäbchen (Reifchen), derselbe in kleinerem Maßstabe u. als Verbindungsglied dienend; dd) Viertelsstab (Wulst), ee) Hohlkehle, ff) Einziehung, gg) Rinnleiste, hh) Kehlleiste (Karnies), ii) Sturzrinne. Obschon die gebogenen G-er ursprünglich Theile eines Kreises sind, so weicht[407] man doch in der neuern Architektur, nach dem von den Griechen gegebenen Beispiele hiervon ab u. gibt denselben willkürlich aus freier Hand gezogene Krümmungen. Beiglieder sind kleinere architektonische G-er, gewöhnlich einem größeren beigegeben, als Stäbchen, ebene Leisten etc.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 407-408.
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