Regenbogen

[922] Regenbogen, das farbige, bogenförmige Meteor, welches wir erblicken, wenn die in einer gewissen Höhe hinter uns stehende Sonne auf einen dicht fallenden Regen scheint u. deren Strahlen in den Tropfen gebrochen u. zum Auge zurückgeworfen werden. Ist der Regen hinlänglich dicht u. verbreitet u. wird er von der unumwölkten Sonne beschienen, so bemerkt man über dem R. in einem gewissen Abstande noch einen zweiten, matterfarbigen Nebenregenbogen, dessen Farben in der des Hauptregenbogens entgegengesetzten Ordnung liegen. Die Farben des R-s sind die bekannten prismatischen Farben (s. u. Farben A), u. liegen am Hauptregenbogen so, daß das Violett den inneren, das Roth den äußeren Streif bildet, am Nebenregenbogen umgekehrt. Zuweilen zeigt sich am inneren Rande des Hauptregenbogens noch eine mehrfache Wiederholung der Farben zu schmalen Säumen, wobei bes. Roth u. Grün auffallend sind. Die Breite des R-s beträgt 2°16', der Halbmesser des inneren, violetten Bogens 40°30' der des äußeren, rothen Bogens 42°30', u. so hoch erhebt sich auch der R. am Himmel, wenn die Sonne gerade im Horizont steht; steht diese aber 42° hoch od. noch höher, so ist die Bildung des R-s nicht mehr möglich. Bei einem in der Mitte dieser beiden Extreme liegenden Stande der Sonne bildet der R. keinen Halbkreis mehr, sondern nur einen mehr od. weniger großen Kreisbogen. Der Mittelpunkt des ganzen, zu einem Kreis ergänzt gedachten R-s liegt stets der Sonne gegenüber in der Verlängerung der durch die Sonne u. das Auge des Beobachters gezogenen Linie. Nicht immer ist der R. über den ganzen Himmel ausgezogen, oft erscheinen nur die untersten Stücke desselben. Man nennt diese partiellen R. Regen- od. Wassergallen. Zur Entstehung des R-s ist erforderlich, daß die Sonnenstrahlen auf Regentropfen fallen, der Hintergrund ist dabei völlig gleichgültig. Der R. kann sich nicht nur auf Wolken, sondern auch auf terrestrischen Gegenständen abbilden. Ost erblickt man auch zur Zeit von Regenschauern Bogen auf hellem Himmel, ohne daß die Tropfen zur Erde gelangten, indem sie während des Herabfallens verdunsteten. Zu einem[922] lebhaften R. gehört aber das Auffallen eines intensiven Lichtes, daher die Mondregenbogen meist nur in einem weißen od. gelblichen Bogen ohne merkliche Färbung bestehen. Theorie des R-s: man denke sich das Bündel paralleler Sonnenstrahlen, welche unter den obigen Bedingungen auf die vordere, dem Beobachter zugewendete Seite des Regentropfens fallen. Dieselben treten in den Tropfen ein u. werden dabei gebrochen. An der hinteren Wand des Tropfens angelangt, treten sie zum Theil nach hinten aus u. gehen so dem Beobachter verloren, zum Theil aber werden sie dort reflectirt u. kehren in den Tropfen zurück. An der vorderen Fläche wieder angelangt, treten sie zum Theil nach vorn aus u. werden dabei zum zweitenmal gebrochen, zum Theil werden sie hier zum zweitenmal reflectirt u. kehren in den Tropfen zurück. Alles kommt nun auf die Richtung an, nach welcher der Sonnenstrahl austritt. Da aber jeder mögliche Punkt der Rückwand des Tropfens Reflexionspunkt für irgend einen Strahl ist u. diese Rückwand kugelförmig gekrümmt ist, so ist die Folge, daß die nach vorn ausfahrenden Strahlen nach allen möglichen Richtungen divergiren; dabei liegt es jedoch in der Natur der Kugelfläche, daß diese divergirenden Strahlen nicht nach allen Richtungen gleichmäßig vertheilt sind, sondern nach einer gewissen Richtung bes. dicht sind, u. nach dieser Richtung hin wird also auch der Tropfen einen bes. hellen Schein verbreiten, während jene zerstreuten Strahlen keinen Lichteindruck hervorbringen. Die Richtung der dichtesten ausfahrenden Strahlen bildet mit den einsfallenden Strahlen ungefähr einen Winkel von 40°, sie ist aber von der Brechbarkeit der Strahlen abhängig, so daß der genannte Winkel für rothe Strahlen 42° 30' für violette 40° 30' beträgt. So sieht man dann rings um den Punkt, in welchem die Verbindungslinie zwischen Sonne u. Auge (Achse) den Himmel schneidet, in einem Abstande von 40° 30' einen Bogen violettes Licht, in einem Abstande von 42° 30' einen Bogen rothes Licht u. zwischen beiden die Reihe der übrigen prismatischen Farben. Der andere Strahl, welcher nach der zweiten Reflexion in den Tropfen zurückkehrte, tritt an der gegenüberliegenden Seite des Tropfens erst aus u. für die Richtung, nach welcher dies geschieht, gilt die analoge Betrachtung wie vorhin; der Winkel, welchen die Richtung der dichtesten Strahlen mit der Achse bildet, beträgt aber hier für die rothen Strahlen ungefähr 50°, für die violetten ungefähr 53° 30', so daß man um den ersten R. concentrisch einen zweiten mit der umgekehrten Folge der Farben erblickt. Die Lichtstärke des zweiten ist weit kleiner, weil für den zweimal reflectirten Strahl ein großer Theil des Lichtes durch Austreten nach Außen verloren gegangen ist. Diese Theorie des R-s rührt in ihrer mathematischen Begründung von Newton her. Die Entfernung des R-s richtet sich ganz nach der größeren od. geringeren Entfernung des Regens. Meist steht er scheinbar am Firmament selbst, wenn der Regen weit genug ist. In der Ebene bekommt man auch nie mehr als einen Halbkreis zusehen. Steht aber der Beobachter auf der Spitze eines Berges, während in der Tiefe ein Regen herabfällt, so sieht er fast einen vollständigen Kreis. Zuweilen sieht man auch umgekehrte R. Diese entstehen dann, wenn die Sonne von einer ruhigen Wasserfläche reflectirt wird, u. dieses reflectirte Licht auf die Regentropfen fällt. Da hier zwei Sonnen, von denen die eine eben so tief unter dem Horizonte liegt, als die andere darüber sich befindet, ihre Strahlen auf die Wassertropfen werfen, so werden sich beide Bogen so zeigen, daß jedesmal der Winkel zwischen dem einfallenden u. gebrochenen Strahle 41° beträgt; beide Bogen durchschneiden sich daher, nach der Höhe der Sonne in verschiedenem Abstande. Auch ein zweiter umgekehrter R. kann auf diese Art entstehen, zusammen also 4. Die erwähnten, oft beachteten Wiederholungen einzelner Regenbogenfarben am violetten Bogen (secundäre Bogen), welche oft bis zu 4, aus Grün u. Roth vornehmlich bestehenden Farbenreihen betragen, rühren nach Venturi daher, daß einige Tropfen während des Falles an ihrem unteren Theile etwas abgeplattet werden; die sphärischen erzeugen dann den Hauptregenbogen, die abgeplatteten den secundären Bogen; haben die Tropfen sehr ungleiche Dimensionen, so sind auch die Grade der Abplattung ungleich u. die Wiederholung des secundären Bogens möglich. Ein Meerregenbogen entsteht, wenn die Wellen hoch gehen u. durch ihr Zusammentreffen einen Staubregen in die Höhe spritzen, in welchem sich die Sonnenstrahlen brechen. In der Bibel ist der R. das Zeichen des Bundes Gottes mit Noah nach der Sündfluth; bei Homer das Zeichen einer Botschaft der Götter an die Menschen, weshalb auch nachher die Götterbotin Iris als die Göttin des R-s galt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 922-923.
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