Colombia

[446] Colombia, ein aus den drei Republiken Venezuela, Neugranada und Ecuador bestehender Vereinstaat, der den nördl. Theil von Südamerika und ein Gebiet von 85,000 ! M. umfaßt, und nördl. vom mexican. Meerbusen und atlant. Ocean, östl. von Guyana, südl. von Brasilien und Peru, westl. von Guatemala und dem stillen Ocean begrenzt wird. Von Colombo 1498 entdeckt, bemächtigten sich die Spanier des Landes, theilten es in die Provinzen Neugranada, Caracas oder Venezuela und Quito und blieben 200 Jahre im Besitze desselben, ohne daß bei der unklugen Beschränkung, welche die span. Regierung dem Handel und der Betriebsamkeit ihrer Colonien auflegte, die Cultur recht gedeihen konnte. Endlich kündigten 1810 die Einwohner der Regierung den Gehorsam auf; es trat ein Congreß zusammen, der 1811 die Unabhängigkeit von Venezuela, bald darauf auch von Neugranada verkündigte, und 1823 wurde auch Quito, jetzt Ecuador, in den Bund aufgenommen. Zwar sandte Ferdinand VII. ein span. Heer zur Unterdrückung des Aufstandes; aber nach einem langen zweifelhaften Kampfe siegten endlich die Patrioten unter Bolivar (s.d.), den das dankbare Volk nun zum Präsidenten der neuen, Colombia genannten Republik ernannte, die aber bald nach seinem Tode sich 1831 in die drei obengenannten Republiken trennte, welche nach einem Beschlusse vom Mai 1832 zur Gewährung der gemeinschaftlichen Schuld, in der Vertheidigung gegen äußere Feinde und durch zollfreien Handelsverkehr verbunden bleiben wollen.

Da C. ganz in der heißen Zone liegt und der Äquator durch das Land geht, so ist hier eine völlig tropische Natur, welche auf den zum ersten Mal hier landenden Europäer den überraschendsten Eindruck macht. Den Hauptcharakter drückt dem Lande das Andesgebirge auf, welches, von Peru herüberstreichend, sich von S. nach N. und Nordost in der Nähe des stillen Meeres hinzieht. Kurz bevor es den Äquator erreicht, bildet es einen mächtigen Gebirgsknoten, der aus den höchsten Bergen der Erde, dem Chimborazo, Pichincha, Cotopaxi, Antisana, Cayambe u.a. besteht, die sich 15–20,000 F. erheben und das weite 9000 F. hoch gelegene, höchst fruchtbare und stark bewohnte Thal von Quito einschließen, wo, obgleich dem Äquator ganz nahe, eine herrliche milde Luft weht. Von hier an theilt sich das Gebirge in drei große Äste, von denen der westlichste an der Küste sich hinzieht und über die Landenge Panama nach Nordamerika übergeht, der mittlere das Thal des großen Magdalenenstroms von dem seines Nebenflusses Cauca trennt, und der östlichste, der Hauptast, in nordöstl. Richtung die Flußgebiete des Magdalenenflusses und Orinoco scheidet, und sich dann östl. längs der Küste des caraibischen Meeres erstreckt. In den Anden, meist in der Nähe von Quito, befinden sich viele noch thätige Vulkane, die zwar keine Lava, aber Steine, Wasser und Schlamm ausspeien, und oft furchtbare Erdbeben erregen. Außer den Anden erhebt sich am rechten Ufer des Orinoco ein anderes ziemlich hohes Gebirge, dessen Zweige verschiedene Namen führen, und das [446] die Flußgebiete des Orinoco und Maranhon trennt. Nördl., westl. und südl. von diesem Gebirge breiten sich die weiten, unabsehbaren Ebenen aus, welche den Namen Llanos führen, die Heimat zahlloser Heerden verwilderter Pferde und Rinder und in der Regenzeit zwar mit dem frischesten Grün bekleidet sind, in der trockenen Jahreszeit dagegen eine Wüste bilden, in der fast alles Pflanzenleben erstirbt. Die Hauptflüsse sind: der Maranhon oder Amazonenstrom, der zum Theil die Südgrenze bildet, der mächtige Orinoco, der die herrlichen Wasserfälle von Maypores und Atures bildet und in der Regenzeit das anliegende flache Land unter Wasser setzt, und der nach N. fließende Magdalenenstrom. In den tiefen Gegenden ist das Klima sehr heiß, zum Theil ungesund; aber zu den Höhen hinansteigend, kann man an einem Tage alle Klimate durchwandern. Während unten die Producte des Südens: Kaffee, Zuckerrohr, Cacao, Vanille, Indigo, Taback, Chinarinde und unzählige Balsamstauden und Apothekerpflanzen gedeihen, wachsen in den höhern Gegenden zwischen 3–11,000 F das herrlichste Getreide und andere Früchte des mittlern Europa. Außer jenen Erzeugnissen des Pflanzenreichs hat C. einen großen Reichthum an Gold, Silber, Platina und Edelsteinen. Auf den Llanos und in den ungeheuern Waldungen der Vorgebirge wohnen ungestört Jaguare und Kuguare, Tapire, Rehe, Hirsche, Füchse, Faulthiere, Affen und anderes Wild; in den Gewässern Kaimans und elektrische Aale; auf den Hochgebirgen der große Condor.

Die gegen drei Mill. starke Bevölkerung besteht meist aus span. Creolen mit span. Sitten und katholischem Glauben, aus seßhaften Indianern und freien Farbigen. In den Wäldern des innern Landes hausen noch einige wilde Stämme, von denen mehre, wie z.B. die Ottomaken, nur von Fischen, Wild und Pflanzen leben und aus Vorliebe eine graugelbe Thonerde verzehren, die sie vorher in Kugeln formen und dörren. Die Hauptstadt von Venezuela ist Caracas mit etwa 30,000 Einw., drei M. vom Meere und dem Hafen La Guayra gelegen; andere wichtige Plätze sind: Cumana mit 28,000 Einw., die östlichste Seestadt des Landes; Venezuela oder Coro, die ehemalige Hauptstadt, von welchem der Staat den Namen führt; Maracaibo zwischen dem Meere und dem gleichnamigen See, von dem südl. im Innern das seines Tabacks wegen berühmte Varinas liegt. In Neugranada sind zu bemerken: die 1538 gegründete Hauptstadt Santa Fe de Bogota mit 60,000 Einw., 8000 F. über dem Meere in einer von Bergen umschlossenen Hochebene gelegen, in deren Nähe der berühmte See Guatavita liegt, in welchen bei Ankunft der Spanier unermeßliche Schätze versenkt worden sein sollen, daher man wiederholt seine Ableitung versucht hat; das vom gelben Fieber oft heimgesuchte, stark befestigte Cartagena am caraibischen Meere mit 25,000 Einw., und Panama am Australocean; in Ecuador oder Quito endlich die Hauptstadt Quito, die höchstgelegene (8880 F. über dem Meere) der Erde mit 70,000 Einw., von Vulkanen umgeben und häufigen Erdbeben ausgesetzt, mit einer Universität, wichtigen Fabriken und Handel; Cuença mit 20,000 Einw. und Guayaquil am gleichnamigen Meerbusen mit 24,000 Einw. und einem der besuchtesten Häfen des stillen Oceans.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 446-447.
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