Forster [2]

[72] Forster (Joh. Adam Georg), der älteste Sohn des berühmten Reisenden Reinhold F. (s.d.), wurde am 26. Nov. 1754 in Nassenhuben bei Danzig geboren. Er zeigte bald vorzügliche Begierde zum Lernen und ausgezeichnete Fähigkeiten und gab durch seine Liebe zur Naturkunde seinem Vater die erste Veranlassung, sich selbst mit dieser Wissenschaft vertraut zu machen. Der Knabe war der unzertrennliche Gefährte des Vaters in der Studirstube wie auf der Jagd. In seinem elften Jahre begleitete er denselben auf dessen Reise in Rußland. Nachdem er nach der Rückkehr in Petersburg unter der Leitung des Vaters seine Studien fortgesetzt hatte, ging er mit diesem 1766 nach England. Im folgenden Jahre nahm der Kaufmann Lewins in London den 13jährigen Knaben, der Deutsch, Englisch, Französisch und Russisch verstand, in sein Comptoir; da aber diese Lebensart seiner Gesundheit nachtheilig wurde, so nahm ihn der Vater, der indessen Professor in Warrington geworden war, mit dorthin. In den Jahren 1772–75 begleitete er seinen Vater auf dessen Reise um die Erde und erwarb sich während derselben die besondere Liebe Cook's, eines sonst sehr rauhen Seemanns; nach ihrer Rückkehr übertrug ihm der Vater die Ausarbeitung der Reisebeschreibung. Die beständigen Geldverlegenheiten des Vaters nöthigten den talentvollen Sohn, schon früh seinen eignen Unterhalt zu suchen; er reiste deshalb nach Paris, wo er den Naturforscher Buffon (s. d) kennen lernte, dann nach Holland und wollte von da nach Berlin gehen, als er von dem Landgrafen von Hessen den Antrag erhielt, eine Professur der Naturkunde [72] an der Ritterakademie in Kassel anzunehmen. Hier arbeitete er von 1778–84, wo er einem Rufe der Kaiserin Katharina II. nach Wilna als Professor der Naturkunde folgte. Dort eröffnete sich ihm eine neue Aussicht zu einer Reise um die Erde. Katharina wollte eine solche Expedition veranstalten, die F. als Historiograph begleiten sollte, aber der Plan zerschlug sich wegen des Ausbruchs des Türkenkriegs. Da er seine Professur bereits aufgegeben hatte, ging er ohne Amt noch Göttingen, wo er sich als Schriftsteller beschäftigte, bis ihn der Kurfürst von Mainz zu seinem Bibliothekar ernannte. Er hatte sich indessen mit einer Tochter des berühmten Alterthumsforschers, Hofraths Heyne in Göttingen, verheirathet und stand seinem neuen Amte in Mainz von 1788–92 mit Auszeichnung vor. Als in diesem Jahre der franz. General Custine Mainz eingenommen hatte, zeigte sich F. plötzlich ganz verändert. Der sonst so sanfte, seinem Landesherrn ganz ergebene Mann trat jetzt als Republikaner auf; er war einer der Ersten, die einen Jakobinerclub bildeten, der sich mit dem Club in Paris in Verbindung setzte. Bald darauf schickte man ihn als Abgeordneten nach Paris, um den Nationalconvent zu ersuchen, Mainz der franz. Republik einzuverleiben. In Paris sah er in der Nähe die Greuel der Revolution und erkannte seinen großen Irrthum. Seine edle Seele war dadurch tief niedergebeugt; er war an sich selbst irre geworden; dazu kam, daß die Preußen, als Mainz von ihnen wieder eingenommen wurde, seine Bücher und Handschriften in Beschlag nahmen. Er übergab daher seine Frau und Kinder seinem Freunde, dem Legationsrathe Huber, wollte, da alle seine Hoffnungen und Aussichten durch seine eigne Unklugheit vereitelt waren, nach Ostindien gehen und studirte, um sich vorzubereiten, die morgenländ. Sprachen. Aber der vielfache Kummer hatte seine Lebenskraft zerstört; er starb in Paris am 11. Jan. 1794, beklagt von Allen, die ihm, dem liebenswürdigen und geistreichen Manne, nahegestanden hatten. Seine »Reise um die Welt«, sowie seine kleinen Schriften, vor allen seine »Ansichten vom Niederrhein, von Brabant, Flandern, Holland, England und Frankreich« haben ihm einen ehrenvollen Platz in der deutschen Literatur verschafft.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 72-73.
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