Siebenschläfer [1]

[189] Siebenschläfer. Um der Wuth der Christenverfolgung unter dem Kaiser Decius in der Mitte des 3. Jahrh. zu entgehen, flüchteten, wie die Legende erzählt, zu Ephesus sieben Jünglinge von vornehmer Abkunft und sämmtlich im Dienste des Kaisers, in die Wildnisse des Berges Celion und verbargen sich daselbst in einer Höhle. Sie hießen: Maximianus, Malchus, Marcianus, Dionysius, Johannes, Serapion, Constantinus. Hier beschlossen sie einmüthigen, standhaften Glaubens die Verfolgung abzuwarten, und Einer von ihnen übernahm es, von Zeit zu Zeit, als Bettler verkleidet, in die Stadt zu schleichen, Lebensmittel einzukaufen und von den Schicksalen der übrigen Christen Erkundigungen einzuziehen. Dieser hört, daß ihr Aufenthalt in der Höhle dem erzürnten Kaiser verrathen ist und derselbe bereits Anstalten zu ihrer Verfolgung trifft. Erschrocken bringt er diese Nachricht seinen Gefährten zurück und Alle, müde von Gebet und Herzeleid, sinken in der Nacht in einen tiefen Schlummer. Unterdeß haben die Soldaten das Gebirge durchsucht, finden die Höhle und vermauern, während Jene noch immer schlafen, auf Befehl des Kaisers den Eingang. Zweihundert Jahre nachher, unter dem Kaiser Theodosius II., 447, als eben eine gefährliche Ketzerei, durch welche die Auferstehung nach dem Tode geleugnet wurde, die Christenheit beunruhigte, geschah es, daß ein Bürger aus der Stadt Ephesus dieselbe Höhle des Berges Celion als Stall für sein Vieh benutzen wollte und ihren vermauerten Eingang eröffnen ließ. Jetzt erwachten die sieben heiligen Schläfer, wähnend, sie hätten nur eine Nacht geschlafen. Des Herzeleides vom vorigen Abend sich erinnernd, rathschlagten sie nun, was zu thun sei, und foderten dann ihren Gefährten auf, aufs Neue in die Stadt zurückzukehren, um Brod zu kaufen und zu erkundschaften, was weiter vorgefallen sei. Anfangs verwundert er sich über die Steine und den Schutt im Eingange der Höhle, sein Staunen wird aber noch größer, als er sich der Stadt nähert und auf jedem Thore derselben das Zeichen des Kreuzes aufgepflanzt sieht. Kaum wagt er es, hineinzugehen und Alles erscheint ihm fremd und neu. Er hört sogar von Christus reden, dessen Namen gestern noch kein Mensch auszusprechen gewagt hatte. Endlich wird das große Wunder durch die alten Münzen entdeckt, wofür er Brot kaufen will. Die Frau des Bäckers glaubt, der Jüngling habe einen großen Schatz gefunden, und will denselben begierig mit ihm theilen. Als er dies leugnet und sich zu entfernen sucht, erregt sie einen Volksaufstand, in welchem der Jüngling vor den kais. Statthalter gebracht wird. Vergeblich sieht er sich hier nach einem alten Bekannten um, der für ihn Zeugniß geben soll, und noch weniger versteht der Richter die Antwort, in welcher er ihn um den Namen seiner Ältern und die Straße, wo sie wohnen, gefragt hat. Die Münzen weisen auf die Regierungszeit des Kaisers Decius, und als der Jüngling hört, daß dieser schon seit Jahrhunderten gestorben sei, erzählt er zum Staunen aller Anwesenden sein und seiner Gefährten wunderbares Schicksal. Bald eilt der sogleich hiervon in Kenntniß gesetzte Kaiser von Konstantinopel herbei, findet die sieben heiligen Schläfer in der Höhle und sieht ihre verklärten Angesichter. Noch einmal hört er das Wunder der Rettung aus ihrem eignen Munde, dann aber neigen sie ihre Häupter zum ewigen Schlummer. Der Kaiser ließ sie in silbernen Särgen in der Höhle beisetzen und ihren Eingang mit vergüldeten Steinen vermauern; wie aber Gottes Macht die sieben Schläfer nach langem Schlummer wieder aufzuwecken vermochte, so diente dies auch den Gläubigen der Kirche zum kräftigen Glauben an die einstige eigne Auferstehung. Der Gedächtnißtag der Siebenschläfer fällt auf den 27. Juni, und allerhand meteorologische Sagen knüpfen sich an diesen Tag.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 189.
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