Werner [2]

[695] Werner (Fried. Ludw. Zacharias), ein dramatischer Dichter von ungewöhnlichen Gaben, geb. 1768 zu Königsberg [695] in Preußen, wo sein Vater als Professor der Geschichte und Beredtsamkeit 1782 starb, erhielt eine auf den administrativen Staatsdienst berechnete Bildung und wurde 1793 als Kammersecretair angestellt. Als solcher lebte er an verschiedenen Orten, am längsten in Warschau, wo er auch mit den Dichtern I. I. Mnioch, E. T. A. Hoffmann und dem vielseitig verdienten, jetzt pensionirten Criminaldirector Hitzig in Berlin, in enge Verbindung kam. W. hatte seiner Leidenschaftlichkeit nie Fesseln angelegt und führte ein sehr ungebundenes Leben. Nachdem er zwei Mal schon verheirathet gewesen und wieder geschieden worden war, ging er 1801 seine dritte Ehe mit einer Polin ein, beerbte 1804 seine Mutter, ward als ein thätiger Freimaurer durch Gunst des Ministers von Schrötter 1805 als geheimer expedirender Secretair in Berlin angestellt, führte aber hier durch seine Lebensweise auch die Trennung seiner dritten Ehe herbei. Hierauf besuchte W. das südl. und mittlere Deutschland, lernte in Weimar 1807 Goethe kennen, wohin er auch nach einem Besuche der Schweiz (wo er bei Frau von Staël verweilte) und einer Reise nach Paris im Dec. 1808 zurückkehrte und vom damaligen Großherzoge von Frankfurt (s. Dalberg) ein Jahrgeld und vom Großherzoge von Hessen-Darmstadt den Hofrathstitel erhielt. Im J. 1809 ging er wieder in die Schweiz und auf Betrieb der Staël nach Rom, wo er im Apr. 1811 zur röm. Kirche übertrat, nun theologische Studien trieb, 1814 ins Seminar zu Aschaffenburg trat und hier bald zum Priester geweiht wurde. Schon im Aug. 1814 predigte W. in Wien, lebte 1816–17 in Podolien beim Grafen Cholonievski, der ihm die Stelle eines Ehrendomherrn von Kaminiek verschaffte, trat in Wien in den Orden der Redemptoristen, von welchem er sich aber schnell wieder lossagte, und starb im Jan. 1823. Die Wechsel seines abenteuerlichen Lebens, während dessen ihm weder Mittel noch Gönner je abgingen, prägen sich auch in seinen Schriften aus. Am höchsten stehen die »Söhne des Thals« und gingen aus seiner maurischen Stellung hervor. Für das berliner Theater geschrieben ward »Luther oder die Weihe der Kraft«, worin wie in seinem »Kreuz an der Nordsee«, in »Attila« und »Wanda« die unklare, mystische Geistesrichtung W.'s zunehmend die Oberhand bekommt. Das berühmte Trauerspiel »Der 24. Februar«, das Vorbild moderner Schicksalstragödien, benannte er nach dem gleichzeitigen Todestage seiner Mutter und seines Freundes Mnioch; sein letztes Trauerspiel war »Die Mutter der Makkabäer«. Neben hervorragenden und glänzenden Schönheiten in der Auffassung und Darstellung finden sich in W.'s Werken (Gesammtausgabe, 12 Bde., Grimma 1840) ebenso große Mängel, eine Folge seiner verwahrlosten Einbildungskraft, die von keiner klaren Weltanschauung und philosophischen Durchbildung geleitet, wie W. selbst am Ende im Irrthume versinken mußte.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 695-696.
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