Ziegel

Ziegel

[798] Ziegel, Backsteine sind aus mit Sand und Wasser vermischtem Lehm oder Thonerde geformte, dann sorgfältig getrocknete und im Feuer hartgebrannte Steine (wobei sie von den darin enthaltenen Eisentheilen eine rothe Farbe erhalten), welche zur Errichtung von Mauerwerk, zur Dachdeckung und zur Belegung von Fußböden der Gebäude gebraucht werden.

Die Verfertigung der Ziegel, welche sich durch den erhaltenen Brand von den bloßen Lehmsteinen (s. Lehm) unterscheiden, war schon in sehr früher Zeit bekannt und es wird ihrer im ersten Buch Mosis beim Thurmbau zu Babel gedacht. Auch die Mauern von Babylon (s.d.) sollen aus gebrannter Erde aufgeführt gewesen sein und in Ägypten mußten die Israeliten gezwungen Thonerde graben und Ziegel für den Pharao brennen; auch sind dort noch mehre von Ziegeln aufgeführte Pyramiden übrig. Bei den Römern muß das Ziegelbereiten sehr vollkommen getrieben worden sein, wie viele Überreste aus ihrer Zeit beweisen. Ihre Ziegel waren 11/2 F. lang und 1 F. breit und dick, man verfertigte aber welche von dieser halben Größe und noch kleinere. Während des Mittelalters bediente man sich ihrer nur zu Privatbauten, und blos wo Quadersteine gar zu kostbar anzuschaffen waren, wie in manchen Gegenden Niedersachsens, wendete man sie auch zu Kirchen an. Häufig wurden sie mit einer bunten Glasur versehen und in bunten Farben zu Verzierungen benutzt, wie z.B. an der Marienkirche zu Elbing und im Schlosse zu Graudenz Inschriften daraus gebildet sind. Die Ziegel damaliger Zeit besitzen eine große Dauer, was theils von der sorgfältigern Zurichtung der Masse, theils von dem damals weniger kostspieligen, deshalb minder sparsam angewandten Brennmaterial herrührt. Vorzüglich wichtig ist es, die zur Dachbedeckung bestimmten Ziegel von guter Beschaffenheit zu er, halten, und in diesem Falle sind sie, mit Ausnahme guter Lehmschindeln, noch immer die feuersicherste Bedachung. Anstalten, wo Backsteine im Großen und namentlich zum Verkauf verfertigt werden, heißen Ziegeleien und müssen wo möglich nahe bei den das Hauptmaterial liefernden Lehmgruben liegen. Dabei unentbehrliche Gebäude sind Trockenhäuser oder sogenannte Ziegelscheunen, wo die Ziegel geformt und auf eignen Gerüsten getrocknet werden, und ein Ziegelofen oder Brennofen, dessen Größe sich nach der Zahl der zugleich darin zu brennenden Ziegel richtet, die von 10–20,000 beträgt, was dann immer zusammen ein Brand heißt. Wo das Ziegelstreichen zum eignen Bedarf und dann nur für kürzere Zeit vorgenommen wird, geschieht es auch unter freiem Himmel. Die Ziegelöfen werden von Bruchsteinen, Thon oder Erde, auch von Ziegeln mit einer innern Verkleidung von Bruchsteinen aufgeführt und sind theils oben zugewölbt, theils offen und dann nur mit alten Ziegeln verdeckt. Die Höhe wird von der anzuwendenden Feuerung bedingt und beträgt für Holz selten über 10 Ellen; die Tiefe hält sich auch in der Nähe dieses Maßes und die Breite hängt wieder davon ab, wie viele Schürkanäle und Feuerlöcher man nebeneinander anbringen will. Bei großen Öfen wird angenommen, daß die von unten schräg gegeneinander aufsteigenden Mauern oben noch sieben Fuß, bei kleinen gegen fünf Fuß stark sein sollen. Was die verschiedenen Arten der Ziegel anlangt, so bilden Dachsteine und Mauersteine den darunter bestehenden Hauptunterschied; außerdem gibt es [798] vierundsechseckige Platten oder Fliesen zum Belegen der Fußböden. Von ihrer Form nennt man die Dachziegel Biberschwänze, Ochsenmäuler, flache Dachziegel und versteht darunter die gewöhnlichen platten, an der untern Seite oben mit einer Nase versehenen, mittels der sie nebeneinander auf die Latten der Dächer gehängt werden. Eine Art derselben sind die Kaff- oder Kappziegel, welche drei Mal so breit als gewöhnliche Biberschwänze und in der untern Hälfte der Länge mit einer nach unten offenen Ausbauchung versehen sind, durch welche Licht und Luft in die Dachräume fällt, sodaß sie Dachfenster unnöthig machen. Es gibt ferner Dachziegel mit gekrümmter Fläche, wie ein ñ, die Hohl- oder Pfannenziegel, und andere wie ~ geformte, welche doppelte Schlußziegel heißen, beim Gebrauch wie ~~ ineinandergelegt werden, aber die Gebäude sehr belasten. Mit diesen und mit den Hohlziegeln sind nur noch alte Gebäude gedeckt und es werden dabei immer zwei mit Nasen versehene nebeneinander gehängt, ein dritter ohne Nase aber über die Mittelkanten beider Ziegel mit Kalk befestigt. Diesen ähnlich gestaltet sind die Forst-, First- oder Walmziegel, haben aber keine Nasen, sondern dafür eine Öffnung, um sie mittels eines Nagels zu befestigen und werden zum Eindecken der Firsten, sowie der Seiten gebrochener Dächer gebraucht. Gewöhnlich größer als die vorigen, aber ihnen ähnlich sind die Kehlziegel, welche zur Bedeckung der Hohlkehlen der Dächer dienen und darin gleichsam Rinnen bilden. Den doppelten Schlußziegeln ähnlich sind die Breit- oder Krampziegel, die in der Mitte ganz wie Biberschwänze, aber an der einen Seite noch mit einem aufwärts, an der andern mit einem niederwärts gerichteten Rande versehen sind, der beim Gebrauch in den aufgerichteten des vorhergehenden Ziegels gleichsam eingekrampt oder gehakt wird. Die gewöhnlichen Mauerziegel sind länglich viereckig, zu Gewölben keilförmig (Wölbe- oder Keilsteine), zum Ausmauern von Brunnen mehr und weniger gekrümmt (Brunnensteine). Klinker Backsteine sind besonders hart gebrannte Mauersteine, zuweilen mit einer Art von Glasur und werden zum Wasserbau und an sehr feuchten Orten angewendet. Hin und wieder, besonders in Holland und England, werden auch Ziegel zum Aufmauern von Säulen, zu Simsen u.s.w. von besonders künstlicher und genauer Form verfertigt, die sie auf Drehbänken erhalten. Um gute Ziegel zu bekommen, muß der dazu bestimmte Lehm wenigstens einen Winter durch auswittern und im Frühjahre mehrmals umgestochen und durcharbeitet werden. Die Masse wird dadurch gleichmäßiger und dichter, von fremdartigen und auflöslichen Theilen frei und nach Bedürfniß muß bei dieser Gelegenheit fetterer Thon, oder dem zu fetten etwas Sand beigemengt werden; es kann aber auch Entfernung zu vielen Sandes durch Schlämmen nöthig sein. Der gehörig durcharbeitete und angefeuchtete Lehm kommt nun in die sogenannten Sümpfe, was mit Bretern, Rasenstücken, auch wol Mauern ausgekleidete, länglichviereckige Gruben von etwa 4 Fuß Tiefe und 12 Fuß Länge sind, wo die Masse nach und nach mit Wasser gesättigt und wiederholt durchgearbeitet, auch noch mit etwa nöthigen Zusätzen (z.B. etwas ockrigem gepulverten Eisenstein, wenn die Ziegel sich nicht schön roth brennen sollten) versehen wird. Das Formen der Ziegel heißt Ziegelstreichen und man bedient sich dabei hölzerner oder eiserner Formen, in welche die gehörig zubereitete Masse, das Ziegelgut, fest eingedrückt wird; die Dachziegel werden auf dem Bretchen geformt, auf welches sie zum Trocknen kommen. Dies muß bei allen Ziegeln in frostfreier Witterung geschehen, weil sie sonst durch das Gefrieren des darin enthaltenen Wassers bersten oder doch Schaden leiden. Frischgestrichene Ziegel dürfen nicht einmal einem zu scharfen Luftzuge ausgesetzt werden, wenn sie nicht an Güte verlieren sollen. Die hinlänglich trocknen Steine werden endlich in den Brennofen nach bestimmten Regeln eingesetzt und gebrannt, welches Geschäft in das sogenannte Abschmauchen, das Gahrbrennen und das Auskühlen zerfällt. In den vollständig an der Luft getrockneten Ziegeln ist nämlich stets noch Feuchtigkeit enthalten, welche blos durch Feuer entfernt werden kann. Dies erreicht man mittels anfangs gelinder Heizung, wobei der Ofen einen schwarzen, feuchten, stinkenden Rauch gibt, was zuweilen mehre Tage dauert, bis der Rauch anfängt durchsichtiger zu werden und an den Luftlöchern sich Ruß absetzt, welches anzeigt, daß die Steine genug abgeschmaucht und nun zum Gahrbrennen bei heftigem Feuer geeignet sind. Alle Spalten der Decke werden jetzt mit Lehm verklebt, auch wol noch mit Sand überschüttet, die Zuglöcher bis auf eine Reihe verschlossen und die Heizung verstärkt, bis die Ziegel roth und zuletzt fast weißglühend werden, was reihenweise bewirkt wird. Hat man Das erreicht, so wird der Ofen ganz verschlossen und der Abkühlung überlassen, welche nur allmälig stattfinden darf. Genaue Form, gleichmäßig seines Ansehen auf dem Bruche, heller Klang beim Anschlagen, langsames und geringes Aufnehmen von Wasser sind Kennzeichen guter Ziegel. Vergl. »Über Bereitung guter Ziegel überhaupt und der Dachziegel insbesondere« (Dres. d. 1833). Zu Pulver zerkleinerte Ziegel geben das sogenannte Ziegelmehl, welches mit Pech verbunden von den Juwelieren zur Fassung der Edelsteine gebraucht wird, auch in der neuern Zeit als Düngemittel empfohlen worden ist.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 798-799.
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