Oldenburg

1283. Oldenburg.
1283. Oldenburg.

[305] Oldenburg, Großherzogtum und Bundesstaat des Deutschen Reichs [Karte: Nordwestdeutschland I, bei Hannover], 6427 qkm, (1900) 399.180 (309.510 Evangelische, 86.920 Katholiken, 1334 Israeliten), (1905) 438.195 E., besteht aus drei getrennten Teilen: dem Hzgt. O. (5383 qkm, 318.434 E., 78.348 Katholiken, 1140 Israeliten) und den Fürstent. Lübeck (s.d.) und Birkenfeld (s.d.). Das Hauptland, zwischen Hannover und Nordsee, ist meist sandiges Geestland mit Heiden und Mooren, im S. bis 145 m hoch, an der Küste, den Flußläufen und -mündungen fruchtbare Marsch (115 qkm) und wird von der Weser, Hunte, Jade und Leda bewässert. Kanäle durchziehen das Marschland. Die Bevölkerung ist fries. und sächs. Stammes. Haupterwerbszweige sind Ackerbau (Roggen, Hafer, Buchweizen) und Viehzucht. Von den 68.340 ha Forsten und Holzungen sind 1/3 Staatsbesitz. 1904 zählte die Handelsflotte (Schiffe über 50 cbm Raumgehalt) 220 Schiffe mit 60.836 Registertons und 1694 Mann Besatzung, darunter 23 Dampfer mit 15.349 Tons. An Eisenbahnen hat O. (1903) 570 km, darunter 223 km Nebenbahnen.

Verfassung und Verwaltung. Nach der Verfassung vom 22. Nov. 1852 ist O. eine konstitutionelle, im Mannsstamme erbliche Monarchie. Zum Landtage stellen das Hzgt. O. 26, das Fürstent. Lübeck 3, Birkenfeld 4 durch Wahlmänner gewählte Abgeordnete. Lübeck und Birkenfeld haben außerdem eigene Provinzialräte. Im Bundesrat führt O. 1 Stimme, im Reichstage ist es durch 3 Mitglieder vertreten. An der Spitze der Verwaltung steht das Staatsministerium, unter ihm die Regierungen für die Fürstent. Lübeck und Birkenfeld. Das Herzogtum ist in 14 Ämter und 3 Städte erster Klasse eingeteilt. Die Finanzen der drei Landesteile werden getrennt verwaltet. Einnahmen und Ausgaben der Zentralkasse 1905: 4,567 Mill. M (Matrikularbeiträge 4,167 Mill. M), Einnahmen der Landesteile 8,727, Ausgaben 9,595 Mill. M. Gesamte Staatsschuld 56,169 Mill. M, darunter Hzt. Lübeck 41.250, Birkenfeld 3677 M. Oberlandesgericht O. mit 2 Land- und 16 Amtsgerichten. Für die evang. Kirche besteht ein Oberkirchenrat und eine Landessynode, für die Katholiken das bischöfl. Offizialat in Vechta. 5 Gymnasien, 1 Oberreal-, 2 Realschulen, 2 Lehrerseminare, 1 Landwirtschaftsschule, 1 Taubstummeninstitut. Haupt- und Residenzstadt O. Zur deutschen Armee, und zwar zur 19. Division des 10. Armeekorps, stellt O. das Infanterieregiment Nr. 91, das Dragonerregiment Nr. 62, außerdem 2 Batterien des Feldartillerieregiments Nr. 26. Wappen: im 1. goldenen Felde zwei rote Balken (O.), im 2. blauen ein goldenes Kreuz (Delmenhorst), im 3. blauen ein goldenes Kreuz mit Bischofsmütze (Lübeck), im 4. sechs rot und silbern geschachtete Balken (Birkenfeld), im Zwickel einen goldenen gekrönten Löwen in Blau (Jever) [Abb. 1283]. Orden: Peter-Friedrich-Ludwig-Orden (gestiftet 1838). Landesfarben: Blau-Rot. Flagge: Blau mit rotem Kreuz.

Geschichte. Erster urkundlich beglaubigter Graf von O. ist Egilmar oder Elimar II. Anfang des 12. Jahrh. Die oldenburg. Grafen nahmen am Kreuzzuge gegen die Stedinger teil, deren Land sie nach 1234 erwarben. Graf Otto II. erbaute 1247 die Burg Delmenhorst; Graf Dietrich (gest. 1440) vereinigte nach Erlöschen (1435) der 1334 abgezweigten Nebenlinie Delmenhorst wieder den ganzen Familienbesitz (s. Oldenburger Haus); sein ältester Sohn, Graf Christian, wurde 1448 König von Dänemark und nach dem Tode seines Oheims Landesherr von Holstein, der zweite Sohn, Gerhard der Streitbare, setzte in den Stammlanden die gräfl. Linie fort, die mit Anton Günther 1667 ausstarb, worauf O. an Dänemark kam. Der dän. König Christian VII. überließ es 1773 an Paul von Holstein-Gottorp (spätern russ. Kaiser) und dieser wieder an den Fürstbischof von Lübeck, Friedrich August von Holstein-Gottorp (gest. 1785), der 1777 Herzog wurde. Sein Neffe Peter Friedrich Ludwig (gest. 1829) wurde nach Friedrich Augusts Tode Regent für dessen geisteskranken Sohn Peter Friedrich Wilhelm und als dieser 1823 starb, selbst Herzog. 1808 trat O. dem Rheinbunde bei, kam 1811 zu Frankreich, 1813 wieder an Peter Friedrich Ludwig, wurde 1815 Großherzogtum und erhielt 1818 auch die Herrschaft Jever. Auf Peter Friedrich Ludwig folgte sein Sohn August (1829-53) und diesem sein Sohn Peter (gest. 1900), der sich 1866 auf Seite Preußens stellte, an dieses auch seine Ansprüche an Schleswig-Holstein gegen eine Entschädigung überließ, darauf dem Norddeutschen Bunde und 1871 dem Deutschen Reiche beitrat. Seit 1900 regiert Peters Sohn August, unter dem 1904 eine Neuregelung der Thronfolge erörtert wurde. – Vgl. Pleitner, »O. im 19. Jahrh.« (2 Bde., 1899-1901).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 305.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: