Damm [1]

[532] Damm, jede im Verhältnis zu ihrer Breite lang ausgedehnte Anschüttung, dazu dienlich, den Unterbau für eine höher als das Gelände liegende Fahrbahn zu bilden oder Schutz gegen Ueberflutung zu bieten. Häufig werden beide Zwecke miteinander verbunden.[532]

Besteht ein Straßen- oder Eisenbahndamm aus schlechteren, wenig bindenden und wenig widerstandsfähigen Bodenarten, so muß die Böschung flach bis zu 1 : 4 (Höhe zu Ausladung) angelegt werden, während Sand, Kies, sandiger Ton, Steingerölle u.s.w. eine Heitere Böschung bis zu 1 : 11/4 und 1 : 1 gestatten, besonders wenn letzteres Material genügend große und lagerhafte Stücke aufweist, die an den Böschungen regelrecht verpackt und geschichtet werden können. Ganz steile Böschungen lassen sich jedoch nur durch Stützmauern erreichen. Je weniger das Schüttungsmaterial vom Wasser aufgelöst und angegriffen wird, um so besser eignet es sich zur Dammschüttung. Weniger widerstandsfähiges Material erfordert dagegen eine nachträgliche Befestigung der Böschungen (s. Böschungsarbeiten). Am gefährlichsten ist die Verwendung von gefrorener Erde, da diese oft noch nach Jahren zu Sackungen und Senkungen und zum Auseinanderfließen des Dammes Veranlassung geben kann. In gewissen Höhen angebrachte Bermen (s.d.) verbreitern zwar die Basis des Dammes, tragen aber zur Feuchthaltung des Dammes bei, indem sie dem Regen Gelegenheit zum Eindringen bieten. Henz [1], S. 137 empfiehlt, bei hohen Eisenbahndämmen 3–3,5 m unter der Krone auf beiden Seiten des Dammes eine Berme von 0,6–0,8 m Breite anzulegen, um die abgerutschte oder schmäler gewordene Krone wieder profilmäßig herstellen zu können. Auch werden derartige Bermen zu demselben Zweck 1–1,25 m unter der Krone angebracht, wobei sie gleichzeitig den Streckenarbeitern beim Vorüberfahren von Zügen als sicherer Aufenthaltsort dienen können. Bei Dämmen, die dem Wasserangriff ausgesetzt sind, wird die Berme in der Höhe der Wasserlinie angeordnet, um den unteren Teil des Dammes zu verstärken.

Die Ausführung der Dämme geschieht in der Weise, daß zunächst von der zu beschüttenden Fläche der Rasen oder die Ackerkrume abgehoben und zur späteren Verwendung für die Böschungsabdeckung zur Seite gesetzt wird. Bei seitwärts abhängenden Beschüttungsflächen muß außerdem der Boden, wenn er wasserundurchlässig ist, terrassenförmig abgehoben werden (s. die Figur), damit kein Abrutschen des Auftrages erfolgt [2], S. 95. Ist die zu beschüttende Fläche quellig und feucht, so ist sie vor der Anschüttung durch Sickerschlitze oder Drainröhren zu entwässern und trockenzulegen. Namentlich ist bereits beim Entwerfen des Dammes auf etwaige im Boden befindliche, geneigt liegende wasserundurchlässige Ton- oder Lehmschichten zu achten, da diese, in ihrer Oberfläche vom durchsickernden Wasser aufgeweicht und schlüpfrig gemacht, leicht die Ursache von Dammbewegungen und Rutschungen werden können, sobald durch das Gewicht der Anschüttung das Gleichgewicht der über ihnen lagernden Erdmassen gestört wird.

Bei nachgiebigem Sumpf- und Moorboden wird vielfach der Damm durch vorherige Ausbaggerung auf den festen Untergrund aufgesetzt. Liegt aber dieser feste Untergrund sehr tief, und ist die Moornarbe tragfähig genug, so muß sie sorgfältig vor Verletzungen gehütet werden, wenn man den Damm ohne weiteres daraufsetzen will. Ist die Moordecke nicht genügend tragfähig, so schlitzt man sie beidseitig parallel zum Dammfuß in einiger Entfernung auf und versenkt gleichzeitig mit dem allmählich anzuschüttenden Damm die Moordecke ( s.a. Moorstraßen). Vor Beginn der Schüttung werden etwaige Seitengräben ausgeworfen und das Dammprofil wird in gerader Strecke alle 50 m, in Bögen oder Krümmungen alle 35–20 m durch Lattenprofile festgelegt, wobei die Bekleidung der Böschung (s. Böschungsarbeiten) sowie das Sackmaß der Dammböschungen berücksichtigt werden muß.

Die Schüttung selbst kann je nach den örtlichen Verhältnissen, dem Schüttungsmaterial und den zur Verfügung stehenden Schüttgefäßen in verschiedener Weise erfolgen, und zwar unterscheidet man die Lagenschüttung, die Kopfschüttung und die Seitenschüttung (s.d.). Bei sehr breiten Anschüttungen kann es von Vorteil sein, die Lagenschüttung mit der Kopfschüttung zu vereinigen. Endlich ist noch die Gerüstschüttung zu erwähnen, die bei der Lagenschüttung mit festen Gerüsten, bei der Kopfschüttung mit beweglichen Sturzgerüsten betrieben wird.

Besondere Sorgfalt ist bei der Anschüttung und Ueberschüttung von in der Dammlinie befindlichen Bauwerken (Durchlässe, Brücken u.s.w.) zu verwenden. Hier darf nur in dünnen Lagen unter sorgfältigem Stampfen an beiden Enden des Bauwerkes gleichmäßig angeschüttet werden. Wird Kopfschüttung angewendet, so muß nicht allein an beiden Enden des Bauwerkes, sondern auch in genügender Höhe über demselben die Anschüttung in dünnen wagerechten Lagen ausgeführt werden, bevor mit der Kopfschüttung darüber weggegangen werden kann. Bei nachgiebigem Untergrund darf das Bauwerk nicht früher übergeschüttet werden, als bis der Damm auf beiden Seiten die volle Höhe erreicht hat und keine Senkung des Bodens mehr zu befürchten ist. Um ein Zusammenschieben der Fundamente des Bauwerkes zu verhindern, müssen in diesem Fall Erdgewölbe angewendet werden; oder man führt die Schüttung ganz durch und beginnt die Fundierungsarbeiten erst nachdem sich der Damm gesetzt hat.


Literatur: [1] Henz, Prakt. Anleitung zum Erdbau, 3. Aufl., Berlin 1877, S. 134; Handbuch der Baukunde, Berlin 1892, Abt. 3, Heft 4, S. 46; Handbuch der Ingenieurwissenschaften, 3. Aufl., Leipzig 1897, Bd. 1, Abt. 2, Kap. 3, S. 100 u. 115, und Kap. 4, S. 189. – [2] Handbuch der speziellen Eisenbahntechnik, Leipzig 1882, Kap. 3, S. 94.

L. v. Willmann.

Damm [1]
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 2 Stuttgart, Leipzig 1905., S. 532-533.
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