Bokelmann

[173] Bokelmann, Ludwig, Maler, geb. 4. Febr. 1844 in St. Jürgen bei Bremen, gest. 14. April 1894 in Charlottenburg, trat mit 14 Jahren in ein kaufmännisches Geschäft und war zehn Jahre lang als Kaufmann tätig, bevor er sich der Kunst widmen durfte. Er absolvierte zunächst die Vorbereitungsklassen der Düsseldorfer Akademie und trat dann in das Atelier von W. Sohn, dessen Unterweisung ihn so förderte, daß er schon 1873 für sein erstes größeres Bild: im Trauerhaus, eine Medaille auf der Wiener Weltausstellung erhielt. In einer Reihe von humoristischen Bildern aus dem Kinderleben schloß er sich auch koloristisch an die von Knaus eröffnete Richtung an. Schon 1875 trat er jedoch mit einem aus dem modernen Leben gegriffenen Genrebild: im Leihhaus (Stuttgart, Staatsgalerie), selbständig auf. In seinem nächsten Bilde, der Volksbank vor dem Zusammenbruch (1877, in Philadelphia), hatte B. auch bereits einen eignen malerischen Stil gefunden: ein klares, etwas kühles Kolorit, das die realistische Auffassung, die Schärfe der Charakteristik und die Lebendigkeit der Gruppierung wesentlich unterstützte. Während in einigen der folgenden Bilder: dem Wanderlager vor Weihnachten (1878), den letzten Augenblicken eines Wahlkampfes (1880), den Auswanderern (1882, Gemäldegalerie in Dresden), dem Gerichtstag (1883), der Spielbank zu Monte Carlo (1884), dem Dorfbrand (1886), die Gruppen nur in losem Zusammenhang stehen, stets aber durch Wahrheit, Lebendigkeit und Tiefe der Charakteristik fesseln, sind seine Hauptwerke: die Testamentseröffnung (1879, Berliner Nationalgalerie), die Verhaftung (1881, Provinzialmuseum in Hannover), ein Streik in der Tischlerwerkstatt (1889) von hohem dramatischen Interesse erfüllt. In seiner letzten Zeit machte B. Studien in Nordfriesland und Schleswig, deren Früchte außer zahlreichen Innenräumen mit Staffage und Einzelfiguren das nordfriesische Begräbnis (1889), der Täufling (1890) und eine Konfirmation in Ockholm (1891) waren. Er hat auch Bildnisse gemalt, unter andern das des Dichters Klaus Groth. 1879 erhielt er die große goldene Medaille der Berliner Ausstellung. 1892 unter gleichzeitiger Ernennung zum Professor nach Karlsruhe als Lehrer an die Kunstakademie berufen, kehrte er 1893 in gleicher Eigenschaft nach Berlin zurück, wo er jedoch schon nach wenigen Monaten an den Folgen eines Unfalls starb.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 173.
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