Etschmiadsin

[144] Etschmiadsin, altes, berühmtes Kloster und Sitz des Patriarchen (Katholikos) der schismatischen Armenischen Kirche (s.d.) im russisch-transkaukas. Gouv. Eriwan, 22 km von der Stadt Eriwan, 895 m ü. M., am Fuß des Alagös und Karnicharych und am Bewässerungskanal Schacharch, besteht aus drei mit Mauern umgebenen Teilen, jeder mit einer Kirche, weshalb das Kloster von den Türken ÜtschkilissiDrei Kirchen«) genannt wurde. Das eigentliche E. (»der eingeborne Sohn stieg herab«, weil Jesus hier Gregor, dem Erleuchter, erschien) gleicht mit seiner 10 m hohen, 2 km langen Mauer, vier Toren und acht Türmen einer Festung. Im innern Hofe steht die öfters erneuerte Hauptkirche Schoghagat (»Ausfluß des Lichtes«), die 302 n. Chr. von Gregor, dem Apostel der Armenier, gestiftet sein soll, ein Kreuzgebäude, aus dessen Mitte sich auf vier frei stehenden Pfeilern eine Kuppel erhebt; im Innern reicher Schmuck an Wandmalereien. Ein dem Gregorius geweihtes Tabernakel bezeichnet die Stelle, an welcher der dort errichtete Altar der Artemis in die Tiefe versank, als der Heiland dem Apostel erschien. Unter den vielen wundertätigen Reliquien ist die rechte Hand des Gregorius, an welche die Würde des Katholikos sich knüpft, der größte Schatz des Klosters. Dasselbe besitzt eine geistliche Akademie, eine Schule, eine kostbare Bibliothek (vgl. Brosset, Catalogue de la Bibliothèque d'E., Petersb. 1840), eine Druckerei, aus der viele seltene armenische Werke hervorgegangen sind, u. a.; daneben steht das Pilgerhaus zur Aufnahme der Wallfahrer und das Warenhaus zum Tauschhandel. Das Kloster ist seit 1441 Sitz des Patriarchen und in neuerer Zeit auch der Synode aller Armenier. Von ihm hängen vier andre Patriarchen, 46 Erzbischöfe und alle armenisch-gregorianischen Klöster in Transkaukasien, Rußland, der Türkei u. a. und über 5 Mill. gregorianische Armenier ab. Das Kloster nimmt mit dem Dorf (s. unten) die Stelle der alten berühmten Hauptstadt Wagharschabad (Watarschabat) der armenischen Provinz Godaik ein, die König Eruand I. im 6. Jahrh. v. Chr. gründete und König Wagharsch (Bologheses) im 2. Jahrh. n. Chr. befestigte und zu seiner Residenz machte. Als später der von der Pforte und Persien bedrängte Katholikos zu den Russen floh und diese seine von Persien verlangte Auslieferung verweigerten, entspann sich ein Krieg, in dem E. von Paskewitsch 1827 erobert und im Frieden von Turkmantschai 1828 an Rußland abgetreten wurde. Seitdem bildet es den Kreis E. des russisch-kaukasischen Gouv. Eriwan, 3858 qkm mit (1897) 124,613 Einw. (62 Proz. Armenier, 31 Proz. Tataren, 7 Proz. Kurden), die Ackerbau (besonders Obst, Gartenfrüchte, Baumwolle) und Viehzucht treiben. Hauptort ist das 0,5 km von E. gelegene Dorf Wagharschabad mit (1897) 3400 arm enischen Einwohnern.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 144.
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