Falkenstein [2]

[294] Falkenstein, 1) Johann Paul, Freiherr von, königlich sächs. Staatsminister, geb. 15. Juni 1801 in Pegau, gest. 13. Jan. 1882 in Dresden, studierte die Rechte, ward 1824 Oberhofgerichtsrat zu Leipzig und Dozent an der Universität, 1827 Hof- und Justitienrat in der Landesregierung zu Dresden, 1834 Geheimer Regierungsrat im Ministerium des Innern und 1835 Kreisdirektor in Leipzig, Bevollmächtigter bei der Universität und später Regierungskommissar bei dem bayrisch-sächsischen Eisenbahnkomitee. Seit September 1844 Minister des Innern, bewährte er seine administrative Befähigung namentlich in den Teurungsjahren 1846 und 1847, bereitete ein auf dem Prinzip der Zensurfreiheit beruhendes Preßgesetz und andre Vorlagen vor, nahm aber infolge der Märzbewegungen 5. März 1848 seine Entlassung. Seit März 1850 als Präsident des Landeskonsistoriums wieder im Staatsdienst stehend, übernahm F. 1. Febr. 1853 das Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts und wirkte besonders für das Unterrichtswesen aller Stufen. 1866 Mitglied der während der Abwesenheit des Königs eingesetzten Landeskommission, übernahm F. nach dem Frieden neben dem Kultus den Vorsitz im Gesamtministerium, führte die Umgestaltung der Kirchenverfassung durch (Kirchenvorstände aus freier Wahl der Gemeinden 1868, erste Landessynode 1871), schied September 1871 wegen vorgerückten Alters aus dem Staatsdienst, behielt aber die Stelle eines Ordenskanzlers und übernahm 1. Okt. 1871 das Ministerium des königlichen Hauses. F. verfaßte: »Johann, König von Sachsen. Ein Charakterbild« (Dresd. 1878; Volksausgabe von Petzholdt 1879). Vgl. Petzholdt, J. P. Freiherr von F. (Dresd. 1882).

2) Konstantin Karl, Schriftsteller und Bibliothekar, geb. 12. Nov. 1801 in Solothurn, gest. 18. Jan. 1855 geisteskrank in Pirna, ward zu Solothurn im Jesuitenkollegium erzogen, studierte in Genf und Wien, kam 1821 als Erzieher des jungen Grafen Lubienski nach Warschau und ward 1824 Erzieher der Kinder des sächsischen Kabinettsministers Grafen Detlev von Einsiedel. 1825 ward F. Sekretär bei der königlichen Bibliothek zu Dresden und war 1835–52 Oberbibliothekar daselbst. Von seinen Schriften seien genannt: »Thaddäus Kosciuszko« (Leipz. 1827, 2. Aufl. 1834); »Geschichte der geographischen Entdeckungsreisen« (Dresd. 1828–29, 6 Bde.); »Beschreibung der königl. öffentlichen Bibliothek zu Dresden« (das. 1839); »Geschichte der Buchdruckerkunst in ihrer Entstehung und Ausbildung« (Leipz. 1840, 2. Aufl. 1856). F. gab auch K. A. Tiedges Leben und poetischen Nachlaß nebst Elisa von der Reckes geistlichen Liedern etc. (Leipz. 1841, 4 Bde.) heraus.

3) Julius, Afrikareisender, geb. 1. Juli 1842 in Berlin, wurde Militärarzt und beteiligte sich 1873–1876 an der deutschen Loango-Expedition, von der er den ersten lebenden Gorilla nach Europa brachte. 1881 begründete er den Allgemeinen Deutschen Schulverein (s.d., Bd. 4, S. 738). Zurzeit lebt F. als Oberstabsarzt a. D. in Großlichterfelde. Er veröffentlichte: »Afrikanisches Album«, die Loangoküste in 72 Originalphotographien, nebst Text (Berl. 1876); »Über das Verhalten der Haut in den Tropen« (in Virchows »Archiv«, 1877); »Die Loango-Expedition«, zweite Abteilung (Leipz. 1879); »Ärztlicher Ratgeber für Seeleute, Kolonisten und Reisende« (Berl. 1882; 10. Aufl. als »Ärztlicher Reisebegleiter und Hausfreund«,. 1893); »Afrikas Westküste« (Leipz. 1884); »Die Zukunft der Kongo- und Guineagebiete« (Weim. 1884).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 294.
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