Feigheit

[382] Feigheit, habitueller Zustand des Gemüts, in dem sich der Mensch vor Gefahren oder Schmerzen in dem Grade scheut, daß dadurch einesteils seine Freiheit und Tatkraft gelähmt, andernteils sein Gefühl für Ehre und Schande abgestumpft wird. Der Gegensatz der F. ist der Mut (s.d.). Als militärisches Verbrechen ist F. die Verletzung der Dienstpflichten aus Furcht vor persönlicher Gefahr. Sie wird, wenn sie im Gefecht selbst durch Flucht und Verleitung von Kameraden zur Flucht durch Worte oder Zeichen vorkommt, mit dem Tode bestraft. Freiheitsstrafen treten ein und zwar Zuchthaus bei heimlichem Davonschleichen oder Zurückbleiben während des Marsches zum Gefecht, für absichtliches Verderben der Waffen und Vorschützen von Verwundung, Krankheit oder Trunkenheit, um sich dadurch dem Gefecht zu entziehen; Gefängnis, auch Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes für Beweise von F. im Dienst außerhalb des Gefechts (deutsches Militärstrafgesetzbuch, § 84ff.). In Athen wurde, wer sich weigerte, Dienst zu nehmen, verurteilt, 3 Tage in weiblicher Kleidung auf dem Markt zu sitzen. In Sparta durfte den Feigen keine Spartanerin heiraten, jeder Begegnende konnte ihn schlagen, ohne daß er sich wehren durfte; um kenntlich zu sein, mußte er schmutzige oder mit bunten Lappen besetzte Kleider tragen und durfte den Bart nur halb scheren. Die Römer bestraften nicht nur Einzelne, sondern ganze Truppenteile mit Dezimieren (s. Dezimation). Bei den Germanen wurde der Feige lebendig begraben oder in einen Sumpf versenkt. In den Ritterzeiten trat mehr die schimpfliche Ausschließung aus dem Kreis der Standesgenossen, mit der Landsknechtszeit wieder Leibesstrafen und Tod als Strafe der F. in den Vordergrund.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 382.
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