Futterbereitung

[241] Futterbereitung (Futterzubereitung), das Verfahren, die für das Vieh zu verwendenden Futtermittel entsprechend mechanisch oder chemisch zu verändern, um die Aufnahmefähigkeit, Schmackhaftigkeit, Verdaulichkeit, Diätetik oder Haltbarkeit zu erhöhen, gesundheitsschädliche Stoffe zu beseitigen und das Vermischen der Futtermittel zu erleichtern. Die moderne intensive Viehwirtschaft ist auf möglichst umfassende Verwendung der gehaltreichen Handelsfuttermittel angewiesen, die jedoch nur dann zur vollen Ausnutzung gelangen, wenn gleichzeitig voluminöse Rauhfuttermittel zur Füllung des Magens der Tiere verabreicht werden. Die Verwendung der letztern Futtermittelarten ist durch deren großes Volumen, das eine Versendung auf weitere Entfernung unrentabel macht, auf den Stall der eignen Wirtschaft beschränkt. Man hat sich daher vielfach um Methoden bemüht, durch die das Futter in transportablere Form übergeführt werden kann, und die Anwendung dieser [241] Methoden findet immer größere Beachtung. Am wichtigsten ist das Trocknen der Futtermittel, womit überdies dessen Haltbarkeit, wie z. B. beim Trocknen des Grünfutters auf dem Felde (Dürrheubereitung), erhöht wird, und wasserreiche Abfälle technischer Gewerbe, wie Rübenschnitzel, Biertreber, Schlempe etc., wasserärmer und damit zuträglicher für die Tiere gemacht werden. Das Trocknen der gewerblichen Abfälle und deren Umwandlung in marktfähige Handelswaren erfolgt fabrikmäßig mit eignen Preß-, Kondensations- oder Darrvorrichtungen (s. Trockenapparate). Das Zerschneiden (Häckseln) von Grünfutter, Rauhfutter und Stroh in 2–15 cm lange Stücke erfolgt mit Häckselmaschinen (Siedemaschinen, Futterschneiden). Geschnittenes Futter ist an sich verdaulicher, läßt sich besser mit anderm Futter mischen und zwingt zu stärkerer Speichelabsonderung; überdies wird es vom Vieh nicht so wie langes Futter verschleudert. Junger Klee, der Blähen bewirkt, wird unschädlich, wenn mit Stroh geschnitten. Gewaschene Wurzeln und Knollen werden mit Handstampfern oder Wurzelschneidemaschinen zerkleinert, um das Abmengen mit anderm Futter zu ermöglichen und die Ausnutzung zu erhöhen, oder mit Musmaschinen in Mus und Brei umgewandelt. Körner werden gequetscht, verschroten oder vermahlen. Gequetscht werden vornehmlich Haferkörner, die als Pferdefutter dienen (s. Futterquetschmaschine). Harte Körner werden für Rinder und Schweine verschroten, für Jungvieh und kranke Tiere vermahlen. Beim Schroten werden zum Unterschiede vom Vermahlen Kleie und Mehl nicht getrennt. Die Ölkuchen werden durch Brechen in bohnengroße Stücke zerkleinert, um sie leichter mit dem andern Futter vermischen zu können. Durch das Quellen bewirkt man die leichtere Verdauung, durch Malzen auch die Überführung des Stärkemehls in Zucker. Körner mit harter Schale (Erbsen, Mais) oder solche mit bitterm Extraktivstoff (Lupinen, Roßkastanien) werden durch Quellen erst nutzbar.

Zur Entbitterung der Lupinen werden nach dem einfachen v. Seelingschen Verfahren die trocknen Lupinen mit heißem Wasser übergossen. Zu Anfang der Kampagne wird durch Zusatz von etwas Sauerteig oder saurer Milch eine Gärung (Milchsäuregärung) eingeleitet; später haften an den Bottichwandungen genügende Mengen des Ferments. Nach 10 Stunden wird das Wasser (2 hl auf 100 kg Lupinen) abgelassen und 2 Stunden unter Zusatz von 5 g Kochsalz auf 1 Lit. Lupinen gedämpft. Andre Entbitterungsverfahren bestehen im mehrtägigen Einquellen, Dämpfen, Auslaugen u. dgl. unter Zusatz von Chemikalien, wie z. B. Salmiakgeist (Verfahren von Soltsien, Kellner), Salzsäure und Chlorkalk (Wildt), Salzsäure und schwefligsaurem Kalium (Bente) etc., dieselben sind jedoch stets mit Stickstoffverlusten (9,5–23 Proz.) verbunden.

Das Einweichen, Überbrühen, Kochen und Dämpfen mit besondern Futterdämpfapparaten (s. Futterkochapparat) wendet man für hartstengeliges, verdorbenes und solches Futter an, das nicht gern roh gefressen wird, z. B. Spreu, Wurzelfrüchte etc. (Brüh-, Siedefutter). Man verwendet dazu heißes Wasser oder Schlempe, darf aber nur bis zu bestimmten Mengen davon geben, am meisten dem Mastvieh, weniger tragenden Tieren und Schafen; für Pferde ist dergleichen Futter ganz ungeeignet. Statt des teuern Kochens oder Dämpfens wendet man auch das Gärenlassen oder die Selbsterhitzung an, indem diverse Futterstoffe, feucht übereinander geschichtet, ein paar Tage sich selbst überlassen werden. Derartiges Futter sagt nicht jedem Vieh zu, ist aber zu Mästungszwecken sehr geeignet. Höchste Reinlichkeit muß natürlich beobachtet und Schimmelbildung verhindert werden. Sauerfutter nennt man das in Gruben festgeschichtete, aus verschiedenem Material bestehende Futter, das nach dem Einschichten mit Erde bedeckt wird und sich sehr lange hält, auch vom Vieh sehr gern gefressen wird. Man erreicht damit auch den Vorteil, Grünmais, Rübenblätter, Pulpe, Treber etc., die nicht gleich konsumiert werden können, ohne Schaden aufzubewahren. Kranke Kartoffeln werden rasch gedämpft und ebenfalls in Gruben fest eingestampft. Frischer Klee, selbst beregnet, hält sich vortrefflich in gut angelegten Gruben. Austatt der früher üblichen Konservierung des Grünfutters durch Einsäuern in Gruben wird auch die Ensilage, die Herstellung von saurem oder süßem Gärfutter (silage) aus grünen Futtermassen, wie Grünmais, Rotklee, Luzerne etc., in oberirdisch angelegten offenen Feimen unter Anwendung verschiedenartiger Preßvorrichtungen aus geübt und so die Einerntung der grünen Futtermassen unabhängiger von der Witterung gemacht. Die Süßerhaltung des Gärfutters (Süßfutter, Süßheu, Preßheu) wird dadurch erzielt, daß durch Erhöhung der Temperatur über 50–70° reine Milchsäuregärung hervorgerufen wird. Es wird dies dann erreicht, wenn die Grünfuttermassen unmittelbar nach dem Mähen, am geeignetsten mit 70 Proz. Saftgehalt, in ungefähr 5 m breite und bis 7 m hohe Feimen aufgeschichtet und durch Preßvorrichtungen (Johnson, Lindenhof, Edw. Blunt, letztere beiden mit kontinuierlichem Druck) einer Pressung von ungefähr 250–800 kg auf 1 qm Oberfläche ausgesetzt werden. Nach 4–6 Wochen ist das Preßfutter zum Verfüttern geeignet. Die Ensilage bedingt jedoch einen Verlust an organischer Substanz (10–36 Proz. des verwendeten Grünfutters) sowie an verdaulichem Eiweiß und besonders an leichtlöslichen stickstofffreien Nährstoffen; dagegen wird die Menge des Ätherextrakts (Rohfett) durch die reichliche Bildung von Milchsäure und, bei unachtsamer Herstellung, auch von Buttersäure vermehrt. Vgl. Pott, Die landwirtschaftlichen Futtermittel (Berl. 1889); Brümmer, Zubereitung der Futtermittel (Aarau 1886); Laszczynski, Das Konservieren von Grünmais und anderm Grünfutter (4. Aufl., Berl. 1894); Fry, Die Einsüßung der Futtermittel. Theorie und Praxis der süßen Ensilage (das. 1885); »Praktische Anleitung zur Süßpreßfuttererzeugung in Gruben (Silos) und Feimen« (k. k. Landwirtschaftliche Gesellschaft, Wien 1890); Albert, Konservierung der Futterpflanzen (Berl. 1903); »Anleitung zur Beurteilung des Pferdeheues« (im Auftrag des preußischen Kriegsministeriums, das. 1889); Heinrich, Futter und Füttern der landwirtschaftlichen Nutztiere (das. 1896).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 241-242.
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