Gomes de Amorim

[120] Gomes de Amorim, Francisco, einer der bedeutendsten neuern portug. Dichter, geb. 13. Aug. 1827 in Avelomar (Provinz Minho), gest. 4. Nov. 1892, verbrachte die ersten Jahre in bitterer Armut und kam noch als Knabe nach Brasilien, wo er ein abenteuerliches Leben, bald in Para als Handelsbeflissener, bald im Urwald bei den Wilden des Xingu und Amazonenstroms, führte. Die Bekanntschaft mit Almeida-Garretts Dichtung »Camões« führte ihn der Poesie zu; das wohlwollende Entgegenkommen des Meisters, mit dem er sich in Korrespondenz gesetzt hatte, bahnte dem jungen Dichter den Weg ins literarische Leben. G. kehrte 1846 nach Portugal zurück und nahm in Lissabon an den innern Bewegungen tätigen Anteil. Aus dem Jahr 1848 stammen einige seiner feurigsten Gedichte; er gewann bei Freund und Feind Anerkennung, mußte aber, um sich sein tägliches Brot zu erwerben, das Hutmacherhandwerk erlernen; 1851 endlich erhielt er eine Stelle im Staatsdienst, 1859 wurde er Bibliothekar der Marine und des Marinemuseums. Die Akademie der Wissenschaften hatte ihn bereits 1858 in ihren Schoß aufgenommen. Durch ein schweres Rückenmarksleiden blieb er die letzten zwei Jahrzehnte aus Haus gefesselt. An Gedichten liegen von G. vor: die tief und warm empfundenen »Cantos matutinos« (2. Aufl. u. d. T.: »Versos«, Lissab. 1866) und »Ephémeros« (2. Aufl. 1866); »A flor de marmore«; »Derradeiros cantos« und »A ideia velha« in zehn Gesängen. Auch für die Bühne war G. mit Erfolg tätig. Vor allem beachtenswert ist sein dem brasilischen Leben entnommenes Drama »O cedro vermelho«, mit einem interessanten Kommentar über Sprache und Sitten der Indianer Brasiliens; ferner:[120] »Ghigi« (1852), »A Prohibição« und »Odio de raça«. Auch »A Abnegação«, »A Viuva«, »Figados de tigre«, »Os incognitos do mundo«, »Os herdeiros do millionario« u.a. wurden ehrenvoll aufgenommen. Eine neue Bahn betrat G. im Roman, den er zur Darstellung erhebender Bilder der Vaterlandsliebe, zur Schilderung des Seelebens und besonders zur Zeichnung von Land und Leuten seiner Heimat benutzte. Hierher gehören: »Os Selvagens«, ein buntfarbiges Bild brasilischen Lebens, mit seiner Fortsetzung: »O remorso vivo«; ferner »Fructos de vario sabor«, »Muita parra e pouca uva«, »O amor da patria«, ein trefflicher Seeroman, und »As duas fiandeiras«, ein Bild aus dem Leben und Treiben im Minho. Ein Denkmal seinen Witzes ist das von G. herausgegebene satirische »Diccionario de João Fernandes«. In seinem für die Geschichte der Romantiker in Portugal hochwichtigen Werk: »Almeida-Garrett, memorias biographicas« (Lissab. 1881–84, 3 Bde.) ist nicht bloß Almeida-Garretts poetische Entwickelung, sondern ein Stück der innern Geschichte Portugals dargestellt. Seine letzte Arbeit, eine modernisierte Überarbeitung der »Lusíadas« (1889), wurde von der wissenschaftlichen Kritik streng zurückgewiesen. Eine Sammlung seiner schöngeistigen Werke erschien in 8 Bänden (Lissab. 1866–70).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 120-121.
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