Hompesch

[526] Hompesch, 1) Karl, Freiherr von, geb. um 1740, gest. 1812 in Windsor, schloß sich, nachdem er aus der österreichischen Armee 1788 als Offizier ausgetreten war, der ungarischen Opposition gegen Joseph II. an und nahm an der Adelsverschwörung des Barons Orczy (1788) lebhaften Anteil; die Wiener Polizei, die in H. einen Agenten des preußischen Kabinetts vermutete, verhaftete H. in Wien, als er eben nach Weimar reisen wollte, um dem Großherzog die ungarische Krone anzutragen. Joseph II. begnadigte ihn unter der Bedingung, daß er fortan im Ausland leben werde. H. trat dann in die Dienste Friedrich Wilhelms II. von Preußen und bereitete einen Aufstand in Ungarn vor. Diesen Plänen machte aber Josephs Tod ein Ende. Als Minister Hertzberg am[526] Reichenberger Kongreß sich bereit erklärte, H. an Österreich auszuliefern, entfloh H. nach England. Die Aufhellung seines abenteuerlichen Lebens verdanken wir Ed. Wertheimer (s. d.).

2) Ferdinand, Freiherr von, der letzte Großmeister des Johanniterordens, geb. 9. Nov. 1744 auf Bollheim bei Düsseldorf, gest. 12. Mai 1805 in Montpellier, Sprößling des alten, jetzt gräflichen Geschlechts H., im Jülichschen, kam in seinem 16. Jahr als Page des Großmeisters nach Malta, ward Ordensritter, erhielt das Großkreuz und bekleidete 25 Jahre lang die österreichische Gesandtenstelle bei seinem Orden. Durch den Einfluß Österreichs 1797 zum Großmeister gewählt, als der erste Deutsche, der diese Würde bekleidete, übergab er dem General Bonaparte 12. Juni 1798 ohne Widerstand Malta und segelte mit den Hauptreliquien des Ordens 17.–18. Juni nachts nach Triest ab, von wo er (15. Okt.) gegen die Übergabe der Insel als von ihm nicht anerkannt protestierte, dankte 6. Juli 1799 ab, legte seine Würde in die Hand des Kaisers Paul I. von Rußland und erlangte die vom Konsul Bonaparte bewilligte Jahresrente von 300,000 Frank. – Sein Neffe Johann Wilhelm von H., Sohn des 1800 verstorbenen kurbayrischen Staats- und Konferenzministers Franz Karl von H., geb. 14. Sept. 1761, gest. 9. Dez. 1809, erwarb sich in der kritischen Periode seit 1806 als bayrischer Finanzminister große Verdienste um sein Vaterland.

3) Alfred, Graf von, ultramontaner Politiker, geb. 16. Sept. 1826 auf Schloß Voordt in Belgien, studierte, übernahm aber die Verwaltung seines Ritterguts Rurich bei Linnich. Er war 1867–70 Mitglied des norddeutschen Reichstags und ist seit 1874 als Abgeordneter im deutschen Reichstag Mitglied der Zentrumsfraktion, deren Vorsitzender er 1893 nach dem Rücktritt des Grafen Ballestrem wurde; doch ist sein Einfluß in der Partei gering, und er hat nur die offiziellen Erklärungen der Partei im Hause zu verlesen. H. ist auch Mitglied des preußischen Herrenhauses.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 526-527.
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