Karawélow

[617] Karawélow, 1) Ljuben, bulgar. Schriftsteller und Politiker, geb. 1838 in Koprivščica, gest. 21. Jan. 1879 in Rustschuk, studierte in Moskau Philologie und Geschichte, lebte danach abwechselnd in Serbien und Rumänien und spielte seit 1870 in der jungbulgarischen Bewegung eine führende Rolle. Aus seiner 1869 in Bukarest begründeten Druckerei gingen unter anderm die revolutionären, gegen die Pforte gerichteten bulgarischen Zeitungen »Svoboda« und »Nezavisimost« hervor. Später entzweite er sich mit den übrigen Agitatoren und war an dem Aufstand von 18) 6 nicht mehr beteiligt. K. hat sich auch als Dichter (Novellist) und Sammler von Volksliedern, Märchen etc. um die bulgarische Literatur verdient gemacht. Seine gesammelten Werke erschienen in Rustschuk 1886 bis 1888 (8 Bde.). Die von ihm herausgegebenen Memoiren des Revolutionärs Panajot Chitow erschienen deutsch in Rosens »Balkanhajduken« (Leipz. 1878).

2) Petko, bulgar. Politiker, Verwandter des vorigen, geb. 1845 in Koprivščica, gest. 7. Febr. 1903 in Sofia, ward in Moskau erzogen, studierte in Dorpat und wurde Lehrer in Poltawa, dann in Philippopel. Nach Ausbruch des russisch-türkischen Krieges 1877 wurde er zum Vizegouverneur von Widin ernannt. 1879 zum Mitgliede der Nationalversammlung in Trnowo gewählt, hatte er als ihr Vizepräsident großen Anteil an der Abfassung der Konstitution und galt für den Führer der Radikalen. Unter Zankow 1880 Finanzminister, ward er 1881 Ministerpräsident, aber durch den Staatsstreich bald beseitigt. 1884 ward er zum Präsidenten der Sobranje gewählt und nach Zankows Rücktritt an die Spitze der Regierung gestellt. K. betrieb nun die Revolution in Philippopel 18. Sept. 1885 und bewog den Fürsten, diese anzuerkennen und die Vereinigung Ostrumeliens mit Bulgarien durchzuführen. Durch den Gewaltstreich gegen Alexander 21. Aug. 1886 wurde auch K. gestürzt, vereinigte sich aber mit Mutkurow und Stambulow zu einer Gegenrevolution, welche die Verschwörer der Herrschaft beraubte. Vom abdankenden Fürsten Alexander 7. Sept. zu einem der drei Regenten ernannt, entzweite er sich, andauernd russenfreundlich, mit Mutkurow und Stambulow und nahm 13. Nov. 1886 seine Entlassung. Im März 1887 wegen Verdachts des Hochverrats verhaftet, indes bald freigelassen, wurde er 1892 wegen Teilnahme an einer Verschwörung zu mehrjährigem Gefängnis verurteilt und erlangte erst 1895 seine Freiheit wieder. Am 4. März 1901 wurde K. abermals zum Finanzminister und Präsidenten eines neuen Ministeriums ernannt; die chronisch gewordene Finanznot des Fürstentums brachte jedoch schon im Dezember 1901 dies Kabinett zu Falle.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 617.
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