Katholizismus

[753] Katholizismus (griech.), im Gegensatze zum Protestantismus der eigentümliche Geist und Charakter der morgenländischen und abendländischen Kirche, wie sich solcher im Verlauf der ersten christlichen Jahrhunderte entwickelt, dann besonders im Abendland unter der Herrschaft der Päpste ausgebildet. später durch die Kirchenversammlung zu Trient (1545–63) schärfer ausgeprägt hat und bis auf die neueste Zeit konsequent festgehalten worden ist (s. Kirche, S. 33 ff.). Die Kirche nannte sich schon um die Mitte des 2. Jahrh. die katholische, die »allgemeine, allumfassende«, im Gegensatze zu den Sonderrichtungen der gnostischen Häretiker, später auch überhaupt zu dem religiösen Partikularismus der vorchristlichen Zeiten. Der ursprüngliche Sinn des Ausdrucks weist aber auf die eigentümliche Taktik zurück, womit die im 2. Jahrh. sich zusammenschließende Menge der Gläubigen ihre Überlieferungen als die »überall« (kathólu) verbreiteten und anerkannten den abweichenden Lehren und Schulen gegenüber geltend machte. Die Anhänglichkeit an dieses von dem Episkopat als Nachfolger des Apostolats konservierte Ganze der Wahrheit, an diese überall sich selbst gleiche Überlieferung galt als erste christliche Tugend; die so Gesinnten und sich also Erweisenden hießen Katholiken im Gegensatz gegen diejenigen, die aus der Gesamtströmung der Überlieferung heraustraten, sich in ihrem Denken und Handeln nicht durch die gemeinsame Regel bestimmen ließen und sich besondern, selbst erwählten, vom Gesamtsinn der Kirche willkürlich abweichenden Ansichten hingaben. Schon früh stellt sich daher eine dreifache Reihe von Gegensätzen des K. heraus, nämlich häretische, wie die Ebioniten, Gnostiker und Manichäer, die das Christentum durch jüdische und heidnische Ingredienzien entstellten, heterodoxe, wie die Monarchianer, Arianer, Nestorianer, Eutychianer und Pelagianer, die bei christlicher Grundlage einzelne Dogmen auf eine der allgemeinen Überlieferung nicht entsprechende Weise darstellten, und schismatische, wie die Montanisten, Novatianer, Donatisten, die, sich höherer Vollkommenheit und Reinheit in der Theorie oder Praxis rühmend, auf die katholische Kirche als eine zurückgebliebene oder entartete herabsahen. Weiteres und Literatur s. Römisch-katholische Kirche, Griechische Kirche und Protestantismus.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 753.
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