Ormuzd

[132] Ormuzd (Ormazd), spätere pers. Form des Namens für die höchste Gottheit der Bekenner der alten Nationalreligion Irans (s. Zoroaster), im Zendavesta Ahura Mazdāh (»weiser Herr«), auf den persischen Keilinschriften Auramazdā genannt. Die Griechen, die ihn Oromazes oder Oromasdes nennen, kannten ihn bereits als obersten Gott der Perser, als den aus dem reinsten Licht entstandenen Urheber der guten Dinge und als Schöpfer der Welt; auf den von Dareios I. herrührenden Keilinschriften von Bisutun heißt er »der größte der Götter«. Die authentische Quelle für die Erkenntnis seines Wesens ist das Zendavesta (s. d.), besonders der älteste Teil desselben, die »Gâthâ« (Lieder). Hiernach ist er der heiligste. Gedeihen spendende Geist, der Sonne, Mond und Sterne und den Himmel, die Erde und die Gewässer, die Bäume und die Menschen geschaffen hat und erhält. Er ist allwissend, der Freund und Schützer der Guten, der Feind der Lügner. Man betet zu ihm um Verleihung irdischer Güter, aber auch um Vollkommenheit und Unsterblichkeit oder langes Leben. Er ist die Quelle der guten Gedanken, Worte und Werke, der Vater der Armaiti, welche die Gottheit der Demut und Frömmigkeit und zugleich der Erdgeist ist; »Wahrheit« und »guter Sinn« stehen ihm zur Seite. Sein Gegner ist Auromainyus (der »böse Geist«), der spätere Ahriman (s. d.). Zwischen diesem und Ahuramazda hat der Mensch zu wählen, doch hat im ganzen der erstere eine sehr inferiore Stellung und tritt erst in den spätern Teilen des Zendavesta mehr hervor. Es werden viele Unterredungen mitgeteilt, die O. mit seinem Propheten Zarathustra über verschiedene Fragen des Glaubens und der Moral hält. Freilich bleibt er eine etwas abstrakte und passive Figur im Vergleich mit den lebensvollen alten Naturgöttern, wie Mithra (s. d.). Vgl. Darmesteter, Ormazd et Ahriman (Par. 1877); E. Meyer, Geschichte des Altertums, Bd. 1 (Stuttg. 1884); Geiger und Kuhn, Grundriß der iranischen Philologie, Bd. 2 (Straßb. 1896); Jackson, Zoroaster (New York 1899).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 132.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: