Pavĭan [2]

[522] Pavĭan (Hundskopfaffe, Cynocephalus Briss.), Gattung der schmalnasigen Affen (Catarrhini), große, häßliche Tiere mit stark verlängerter Schnauze, hundeähnlicher Physiognomie, gedrungenem Körperbau, langer, lockerer Behaarung, raubtierähnlichem Gebiß mit gewaltigen Reißzähnen, kleinen [522] Ohren, kurzen, starken Gliedmaßen, kurzem oder langem Schwanz und großen, meist sehr lebhaft gefärbten Gesäßschwielen. Sie finden sich hauptsächlich in Afrika, bewohnen das Gebirge bis zur Schneegrenze, aber nicht die Wälder, und nähren sich von Wurzeln, Früchten, Insekten, Schnecken, Eiern etc. Dem Landbau werden sie höchst schädlich. Sie laufen auf allen vieren, sind wild, tückisch und höchst geil; zueinander und gegen die Kinder hegen sie große Liebe, auch wohl in der Gefangenschaft gegen den Pfleger, aber bei der geringsten Veranlassung bricht die Bestialität ungebändigt wieder durch. Sie fliehen den Menschen, lassen sich aber in der Not mit ihm wie mit Raubtieren in einen Kampf ein und können furchtbare Wunden beibringen. Am Kap benutzt man gezähmte Paviane zum Aufsuchen des Wassers. In den Sagen und Erzählungen der Araber spielen sie eine große Rolle. Der Mohren- oder Schopfpavian (C. niger Desm.). 65 cm lang, mit Stummelschwanz, breiter, kurzer Schnauze, schwarzem Pelz, nacktem, schwarzem Gesicht und rotem Gesäß, bewohnt Celebes, die Philippinen und Molukken, kommt öfters zu uns, lernt spielend leicht, ist aber in der Gefangenschaft sehr hinfällig. Der Babuin (C. Babuin Desm.), 1 m lang, mit 0,5 m langem Schwanz, oberseits grünlichbraun, unterseits heller, auf den Backen weißlichgelb, lebt in Abessinien, Kordofan und in andern mittelafrikanischen Ländern, ist sehr klug, leicht abzurichten, findet sich in allen Affenhäusern und Affentheatern und zählt zu deren Hauptkünstlern. Schon die alten Ägypter hielten ihn gern im Haus. Der Mantelpavian (Hamadryas, C. hamadryas Wagn., s. Tafel »Affen IV«, Fig. 1) ist 70–80 cm lang, mit 20–25 cm langem Schwanz, grau, mit grünlichbraun und gelb geringeltem Haar, das besonders bei alten Männchen einen langen Mantel bildet und auch an den Backen stark verlängert ist. Das Gesicht ist fleischfarben, das Gesäß brennend rot. Er bewohnt das Küstengebirge Abessiniens und Südnubiens, auch Arabien, in Gesellschaften von 100–150 Stück und richtet auf Feldern oft große Verwüstungen an. Zu seiner Verteidigung wirft er mit Steinen. In der Gefangenschaft sind junge Mantelpaviane freundlich und friedfertig, ältere aber sehr bösartig. Sie werden seit Jahrhunderten von Gauklern in Ägypten abgerichtet. Bei den alten Ägyptern genoß der Hamadryas göttliche Verehrung, und man findet ihn häufig auf den Denkmälern abgebildet. Er wurde wie der Babuin eingeführt und in den Tempeln gehalten, wo er besonders dem Gotte Thoth als Herrn der Schrift und aller Wissenschaft wie als Mondgott geweiht war. Er gab Anhalt zur Messung der Zeit und soll den Trismegistos zur Erfindung der Wasseruhr veranlaßt haben. In den astronomischen Inschriften dient sein Bild oft zur Bezeichnung des Mondes und der Tagundnachtgleichen. Der Dschelada (C. gelada Rüpp.), größer als der vorige. soll Mannesgröße erreichen, besitzt enorm entwickelte Augenbrauenbogen und eine mächtige Schnauze, der Pelz ist sehr reich und am Hinterhals, Nacken und Rücken mantelartig verlängert. Das Haar ist schwarzbraun, das Gesicht schwarz, Mantel und Schwanzquaste sind gelbbraun, die kleinen Schwielen schwarzgrau. Ihn charakterisieren zwei nackte wulstige hochhellrote Stellen auf der Brust, eine ebenso gefärbte halsbandähnliche Stelle an der Kehle und hellrote Augenlider. Er bewohnt das Hochland von Abessinien zwischen 3000 u. 4000 m und verläßt die Fel jen nur, um in der Tiefe die Plantagen zu plündern. Vor dem Menschen flüchtet stets die ganze Herde. Der Mandrill (Maimon, Mormon, C. mormon Wagn., s. Tafel »Affen IV«, Fig. 2), wohl der scheußlichste Affe, ist 1 m lang, mit Stummelschwanz, sehr großem Kopf, furchtbarem Gebiß, sehr kleinen Augen, leistenartig sich erhebendem Augenhöhlenrand und anschwellbarer, blauer, schwarz gefurchter Längswulst zu beiden Seiten der Nase. Der Pelz ist oberseits dunkel blaugrün, das Haar schwarz und olivengrün geringelt, an der Brust gelblich, am Bauch weißlich; der Kinnbart ist gelb, Hände und Ohren sind schwarz, die Nase zinnoberrot, die Schwielen rot und blau, der After hochrot. Der etwas kleinere Dril (C. leucophaeus Wagn., s. Tafel »Affen IV«, Fig. 3) ist oben olivenbraun, unten und an der Innenseite weißlich, mit schwarzem Gesicht, weißem Backenbart, braunen Händen und Füßen und roten Schwielen. Mandrill und Dril stammen von der Küste von Guinea, sollen truppweise in gebirgigen Wäldern leben und auf den Ansiedelungen der Menschen Verwüstungen anrichten. Sie kommen nicht selten zu uns; der junge Mandrill ist harmlos, lustig, etwas älter aber erliegt er meist seinen scheußlichen Leidenschaften und wird wahrhaft abschreckend.

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 522-523.
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