Celébes

[830] Celébes (bei den Eingebornen im S. Tanah-Mangkassar, Tanah-Bugis, im N. Menado, im nordöstlichsten Teil Minahassa), eine der Großen Sundainseln, zu Niederländisch-Ostindien gehörig (s. Karte »Hinterindien«), zwischen 1°45' nördl. bis 5°37' südl. Br. und 118°49' bis 125°5' östl. L., wird im W. durch die Makassarstraße von Borneo, im S. durch die Flores- und Sundasee von Sumbawa und Ceram, im O. durch die Molukkenstraße von den Molukken getrennt, im N. von der Celebessee bespült, umfaßt mit den zugehörigen Inseln und Inselgruppen 201,957 qkm mit 2 Mill. Einw., wovon auf die Insel C. allein 179,416 qkm und 11/4 Mill. Einw. kommen. C. besteht wesentlich aus vier großen Landzungen, welche, die eine gegen S., die andre gegen SO., die dritte gegen NO., die vierte gegen N. und dann, S-förmig sich krümmend, nach O. und NO. streichend, von einem nicht umfangreichen Kern auslaufen und drei tiefe Golfe bilden, den von Tomini oder Gorontalo zwischen den beiden nordöstlichen Landzungen, in der Mitte den von Tomori, und den Golf von Boni (Sewa), der die beiden südlichen Halbinseln trennt. Die zugehörigen Inseln sind sehr zahlreich, im N. die Talaut- und Sangirinseln, im O. die dem Sultan von Ternate gehörigen Sula- und Banggaiinseln, im Golf von Tomini die Togianinseln, an der Südostspitze Wowoni, Buton, Wuna, Kabaëna, an der Südspitze die Insel Saleyer (Salajar). Die Halbinseln werden von vier auseinander laufenden Gebirgszügen durchzogen, anderen Ränder sich einiges Tiefland anschließt. Sie erheben sich im Lompobattang auf der südlichen Landzunge zu 3070, im Tukala am Golf von Tomori zu 2600, im vulkanischen Kalabat an der Spitze der nordöstlichen Halbinsel zu 2030 m. Ein Teil des Tieflandes ist Wald- und Buschdickicht, ein andrer eine reich angebaute und dicht bewohnte Feldflur. Vor allen übrigen Inseln des Archipels genießt C. noch den Vorteil eines reichen, von der Waldung abgesonderten Weidelandes. Die Flüsse sind infolge der eigentümlichen Gestaltung der Insel klein, auch die bedeutendsten (Sadang, Solo) nur kurze Strecken fahrbar. Der 60 km lange, 38 km breite Possosee im zentralen Hochland fließt durch den gleichnamigen Fluß in den Golf von Tomini, der Tempesee in der südlichen Halbinsel durch den Tienrana in den Golf von Boni ab.

Der geologische Bau von C. ist neuerdings etwas besser bekannt geworden. Granit und paläozoische Schiefer und Sandsteine, letztere stark gefaltet, bilden das Skelett der Insel; tertiäre und quartäre Bildungen erfüllen die Buchten zwischen den Höhenzügen und die Küstengegenden. Die nördliche Halbinsel ist in ihrem östlichen Teil (Minahassa) reich an vulkanischen Gesteinen (Andesite und zugehörige Tuffe); auch erhebt sich dort eine Reihe teilweise noch tätiger Vulkane (Kalabat 2030, Soputan 1827, Tokon 1592), die sich auf die nördlich vorliegenden Sangirinseln mit den noch tätigen Vulkanen Tagulanda und Gunung Api fortsetzen. Damit zusammen hängen häufige und heftige Erdbeben. Im SW. der Minahassa treten kretazeische und tertiäre Sedimente auf, letztere (Nummulitenkalk) sind auch in Makassar nachgewiesen. Der Mineralreichtum von C. ist bedeutend. Kupfer kommt an verschiedenen Orten vor; die Bewohner des Nordens verarbeiten es zu Gegenständen des Haushalts und des Luxus; Zinn ist entgegen frühern Nachrichten nicht häufig, ebensowenig Eisenerz, woraus örtlich treffliche Schwerter und Dolche geschmiedet werden; Gold ist ebenfalls verhältnismäßig selten; im N. finden sich ungeheure Mengen von Schwefel (heiße Quellen), nördlich von Makassar auch gute (tertiäre) Braunkohlen. Das Klima ist trotz der äquatorialen Lage nicht unerträglich, da die Hitze durch die beträchtliche Bodenerhebung und die Gliederung der Insel wesentlich gemildert wird. An der Südküste herrscht der Südostmonsun mit schönem, trocknem Wetter von Mai bis Oktober, von Oktober der Nordwestmonsun mit Regen, an den Nordküsten in den erstern Monaten der regenreiche Südwestmonsun, in den letztern der Nordostpassat. Bezüglich der Pflanzenwelt hat C. mit den übrigen Sundainseln als Mittelpunkt des[830] indischen Monsungebiets einen gemeinsamen Vegetationscharakter (vgl. Borneo). Die zwischen Borneo und C. sich hinziehende Makassarstraße bildet keine ausgesprochene Trennungslinie zwischen den Florengebieten Ostindiens und Australiens. Dennoch zeigt C. z. T. schon nähere Verwandtschaft mit den Molukken und Neuguinea, wie es sich z. B. mit der Muskatnuß (Myristica moschata) an die Gewürzinseln anlehnt. Im übrigen herrscht in den tropischen Gebirgswäldern Reichtum an Palmen, unter denen die Fächerpalme (Corypha Gebanga), die Betelnußpalme (Areca Catechu) und die Sagopalmen (Metroxylon Rumphii und M. Sagus). Daneben bilden Zwerg- und Rotangpalmen (Calamus Rotang), Zykadeen, Pandaneen und Bambuse charakteristische Waldbestände. Unter den dikotylen Laubhölzern ragen hervor die Dipterokarpeen, Klusiazeen, Ebenazeen und unter den Kupuliferen besondere Abteilungen von Eichen. Die Aurantiazeen sind stark vertreten. Citrus medica und C. Aurantium haben indische Heimat. Die Gattung Ficus erreicht eine große Mannigfaltigkeit und ist ebensosehr mit dem indischen Kultus (Ficus religiosa) wie mit der modernen Industrie (Kautschuk) verwachsen. Zu den in der Trockenzeit entblätterten Bäumen gehört der als Bauholz wichtige Tiekbaum (die Verbenazee Tectona grandis). Von eigentlichen Kulturpflanzen sind Reis, Mais, Kaffee und Kakao, Indigo, Maniok, Bananen, Zuckerrohr und vorzüglicher Tabak hervorzuheben. Mit seiner Tierwelt gehört C. bereits zur australischen Region, und zwar zur papuanischen oder austromalaiischen Subregion; doch findet eine Vermischung orientalischer und australischer Tierwelt statt. Den australischen Charakter bezeugt das Vorhandensein der Beuteltiergattung Phalangista oder Cuscus, den orientalischen die Affen, Katzen und Hirsche, die allerdings z. T. durch den Menschen eingeführt sein können; Charaktertiere von C. sind der Hirscheber (Babirussa alfurus) und Anoa depressicornis, eine eigentümliche Rinderart. Die Vögel zeigen noch mehr die Mischung orientalischer und australischer Formen. Bezüglich der Fische ist bemerkenswert, daß die auf Borneo noch in 23 Gattungen vertretene, der australischen Region jedoch fehlende Familie der Karpfen auf C. sich bereits nicht mehr findet. An den Küsten von C. wird Trepang (Holothurien) gewonnen.

Die Bevölkerung ist, bis auf einzelne Posten von Europäern und Chinesen, malaiischen Stammes (s. Tafel »Asiatische Völker II«, Fig. 6). Als Urbewohner betrachtet man die Alfuren (s.d.), die mit den Dajak auf Borneo den Gebrauch der Pfahlbauten sowie die Sitte des Kopfabschneidens teilten, jetzt aber als Plantagenarbeiter und Soldaten sich brauchbar erweisen. Ein nicht unbeträchtlicher Teil, besonders auf Minahassa, hat das Christentum angenommen. Im SW. wohnen die gleichfalls malaiischen, 320,000 Köpfe starken Makassaren, im Mittelpunkte der Südwestspitze u. im W. der Südostspitze 680,000 Buginesen. Aus der Vermischung mit ihnen und eingewanderten Malaien sind wahrscheinlich die Badscho oder Dranglaut hervorgegangen. Die beiden ersten haben eine Menge von Staaten gegründet und den Islam angenommen, während die Badscho, die ihr ganzes Leben auf dem Meer zubringen, Heiden geblieben sind.

Verwaltung. Administrativ zerfällt C. in zwei ganz voneinander getrennte Teile: 1) das Gouvernement C. und Zubehör, das den südlichen und westlichen Teil der Insel C. umfaßt, begrenzt durch eine Linie, die vom Golf von Tomori westwärts bis zur Mitte der Insel und dann nordwärts bis Kap Kandi an der Nordküste geht, außerdem die Saleyer an der Südspitze und die Inseln Buton, Wuna, Kabaëna u. a. an der Südostspitze sowie Sumbawa und den westlichen Teil von Flores, zusammen 128,478 qkm mit (1895) 1,448,800 Einw., wovon auf die unmittelbaren Besitzungen 6778 qkm mit 377,262 Einw., auf die Schutz- und unabhängigen Staaten 121,700 qkm mit 1,071,538 Einw. entfallen. Hauptstadt ist Makassar mit (1895) 17,318 Einw. 2) Die Residentschaft Menado, bestehend aus der nördlichen und einem Teil der mittlern Halbinsel, den Inseln im Golf von Tomini (Togian u. a.) und den Sangir- und Talautinseln, zusammen 57,436 qkm mit (1895) 549,200 Einw., wovon auf die Abteilung Minahassa 7119 qkm mit 301,329 Einw., auf die Abteilung Gorontalo 50,317 qkm mit 247,800 Einw. kommen. Hauptstadt ist Menado mit (1895) 8996 Einw. Ein Teil des östlichen C., die Banggaiinseln (2900 qkm mit 9000 Einw.) und die Sulainseln (6400 qkm mit 6730 Einw.), zusammen 32,000 qkm mit 30,000 Einw., gehören zur Residentschaft Ternate. Als Hauptsitze europäischer Handelstätigkeit sind Makassar (seit 1847 Freihafen), Menado und Kema zu nennen. Wichtigste Ausfuhrartikel sind: Kaffee (der von Menado gilt dem besten Java gleich), Kokosöl und Kokosnüsse, Reis, Muskatnüsse, Baumwolle, Kakao, Guano, Kattunstoffe; zur Einfuhr kommen besonders Baumwollenzeuge aus Europa und andre europäische und chinesische Luxus- und Bedürfnisartikel. Um die Erforschung von C. haben sich neuerdings ganz besonders die Vettern Sarasin verdient gemacht (s. unten).

Von Europäern ließen sich zuerst Portugiesen auf C. nieder. Sie gründeten 1525 zu Makassar ein Fort, mußten aber später den Holländern weichen, die sich 1660 durch einen Handelsvertrag mit dem König von Makassar zu Herren des Platzes machten und ihre Herrschaft immer mehr befestigten. Seitdem ist, besonders infolge wiederholter Kriege der Holländer mit einzelnen Staaten von C. (1819,1824–25 und 1856) sowie ihrer zwei Expeditionen gegen Boni (1859), C. teils unmittelbares, teils mittelbares Besitztum der Niederlande geworden. Vgl. Friedmann, Die ostasiatische Inselwelt, Bd. 2 (Leipz. 1869); Lahure, Indes orientales. L'île de Célèbes (Brüssel 1879); Hickson, A naturalist in North Celebes (Lond. 1889); Bastian, Indonesien, Bd. 4: Borneo und C. (Berl. 1889); P. u. F. Sarasin, Materialien zur Naturgeschichte der Insel C. (Wiesbad. 1898–1901, Bd. 1–4); F. u. E. Rinne, Kasani, Kamari. Eine Celebesfahrt (Hannov. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 830-831.
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