Pistōja

[912] Pistōja, Kreishauptstadt in der ital. Provinz Florenz, 65 m ü. M., in fruchtbarer Ebene am Fuße des Etruskischen Apennin, an den Eisenbahnen Florenz-P.-Bologna und P.-Lucca-Pisa, im Viereck erbaut und von einer Stadtmauer mit fünf Toren nebst einer im SO. gelegenen Zitadelle umgeben, trägt noch ganz das Gepräge der alttoskanischen Republik. Auf dem großen, mit der Statue des Kardinals Forteguerri geschmückten Domplatz erhebt sich die Kathedrale, ein romanischer Bau aus dem 12. und 13. Jahrh., mit Glockenturm, Vorhalle mit Terrakotten von Andrea della Robbia, im Innern dreischiffig, mit Grabmälern des Dichters und Rechtsgelehrten Cino da P. und des Kardinals Forteguerra, Gemälden von Lorenzo di Credi u.a. und einem 1286 begonnenen, 1407 vollendeten großen Silberaltar mit Reliefs und Statuen. Auf demselben Platz steht die achteckige Taufkirche (14. Jahrh., nach der Zeichnung Andrea Pisanos erbaut) mit schönen Statuen über der Haupttür. Andre bemerkenswerte Kirchen sind: Sant' Andrea (12. Jahrh., romanisch) mit der prächtigen, 1301 vollendeten Kanzel von Giovanni Pisano; San Bartolommeo (12. Jahrh., im toskanisch-romanischen Stil) mit schöner, von Guido da Como 1250 ausgeführter Kanzel aus weißem Marmor; San Giovanni Fuoricivitas, romanisch, mit reicher Nordfassade (von 1180), im Innern mit schöner Kanzel und einem Taufbecken von Fra Guglielmo d'Agnolo (1270) und Terrakotten von Andrea della Robbia; Madonna dell' Umiltà (1495–1509 von Vitoni erbaut) mit schöner Vorhalle und einer 1560 von Vasari ausgeführten Kuppel u.a. Vor der Klosterkirche San Domenico (1380) steht ein Denkmal Garibaldis (1904) von A. Garella. Hervorragende weltliche Gebäude sind: der Palazzo Pretorio (von 1387, jetzt Justizpalast) mit prächtigem Hof; der Palazzo del Comune (1294–1385 im italienisch-gotischen Stil erbaut); das Ospedale del Ceppo (1277 gegründet) mit Säulenhalle und einem schönen Relieffries aus der Schule der Robbia (1525) und viele alte Privatpaläste. Die Zahl der Einwohner beträgt (1901) 13,787, mit den Vorstädten 25,993, mit Einschluß des ländlichen Gemeindegebiets 62,603. P. hat Fabriken für Eisengußwaren, Maschinen und Ackergeräte, Glas, Teigwaren, Öl, Wollwaren und Papier, ferner Seidenspinnereien und Gerbereien. In P. sollen die Pistolen erfunden und hiernach benannt sein. Die Stadt ist der Sitz eines Bischofs, hat ein Seminar, ein Lyzeum mit Bibliothek von 22,000 Bänden, ein Gymnasium, eine Technische und eine Gewerbeschule, eine Akademie der Wissenschaften und eine zweite Bibliothek (Fabbroniana) von 13,200 Bänden. Die gegen die Apenninen ansteigende Umgebung von P. ist als Sommeraufenthalt sehr beliebt. – Im Altertum hieß P. Pistoriae und war besonders durch die Niederlage Catilinas und seiner Genossen (62 v. Chr.) bekannt. Nachdem es sich im Mittelalter zu ziemlichem Ansehen erhoben hatte, wurde es 1306 von Florenz und Lucca erobert, errang zwar seine Unabhängigkeit später zurück, geriet aber seit der Mitte des 14. Jahrh. endgültig unter die Oberherrschaft der florentinischen Republik und teilte deren späteres Geschick. Vgl. Zdekauer, Studi Pistojesi (Siena 1889); Tigri, Guida della Montagna Pistojese (Pistoja 1892); Giglioli, P. nelle sue opere d'arte (Flor. 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 912.
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