Ramée

[586] Ramée, 1) Pierre de la (lat. Petrus Ramus), Humanist, geb. 1515 in Cuth, einem Dorfe bei Soissons, gest. 26. Aug. 1572 in Paris, erregte durch seine Bekämpfung der herrschenden Aristotelisch-scholastischen Philosophie, besonders durch die »Institutionum dialecticarum libri III« (Par. 1543) und die »Animadversionum in dialecticam Aristotelis libri XX« (das. 1543, später umgearbeitet zu »Scholae dialecticae«), einen förmlichen Sturm an der Universität, erhielt zwar 1545 die Leitung des kleinen Collège de Presles und 1551 daneben den Lehrstuhl für Beredsamkeit und Philosophie am Collège royal, schuf sich aber durch Reformvorschläge in den »Avertissements sur la réformation de l'université de Paris an roi« (1561) neue Gegner. Noch dazu offener Calvinist, wurde er mehrfach zur Flucht genötigt und seines Amtes entsetzt (seit 1561), durch wanderte besonders Deutschland und die Schweiz, kehrte 1571 nach Paris zurück und ward ein Opfer der Bluthochzeit. R. hat nicht bloß auf dem Gebiete der Philosophie, sondern in fast allen Disziplinen durch Vereinfachung der Methode reformierend gewirkt. Seine Lehrbücher beherrschten lange Zeit das gelehrte Studium. Wir nennen seine lateinische (Par. 1559), griechische (1560), französische Grammatik (1562); zur Rhetorik: »Brutinae quaestiones in Oratorem Ciceronis« (1547), »Rhetoricae distinctiones« (1549), »Ciceronianus« (1557), »Praelectiones in Aud. Talaei Rhetoricam« (1567) und zahlreiche Erläuterungsschriften zu Ciceros Reden; zur Dialektik noch »Dialecticae libri II« (1556), zur Physik »Scholae physicae« (1557), insbes. wurde er durch seine Mathematik (1555), Geometrie (1569) und »Scholae mathematicae« (1569) der Schöpfer der neuern Mathematik. Seine Anhänger (Ramisten) erstreckten sich über alle kultivierten Länder. Vgl. Ch. Waddington, Pierre de la R. (Par. 1855); Desmaze, P. Ramus (das. 1864); Lobstein, Petrus Ramus als Theolog (Straßb. 1878).

2) Louisa de la, engl. Schriftstellerin, geb. 1840 in Bury St. Edmunds, kam früh, nach des Vaters Tode, mit ihrer Mutter nach London und lebt gegenwärtig in glänzenden Verhältnissen in einer Villa bei Florenz. Sie veröffentlichte, noch minderjährig, unter dem Pseudonym Ouida ihren ersten Roman: »Granville de Vigne« (im »New Monthly Magazine«), der zwei Jahre später u. d. T.: »Held in bondage« (1863) in Buchform erschien. Ihre Romane, phantasievoll im Entwurf und realistisch in der Detailzeichnung, stellen sie zwischen die Vertreter des psychologisch-realistischen Romans (G. Eliot) und die Sensationalisten (Miß Braddon). Zu nennen sind: »Strathmore« (1865); »Tricotrin« (1868); »Puck« (1869); »Pascarel« (1873); »Signa« (1875); »Ariadne« (1877); »Moths« (1880); »Wanda« (1883); »House party« (1886); »The Tower of Taddeo« (1890); »The Silver Christ, and a lemon tree« (1891). Außerdem: »The new priesthood« (1893), ein Angriff auf die Vivisektion, und »Views and opinions« (1895). Zu ihren letzten Werken gehören: »The Masarenes« (1897), »La Strega« (1899), »The waters of Edera« (1900) und die »Critical studies« (1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 586.
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