Zionismus

[952] Zionismus, eine gegen Ende des 19. Jahrh. unter den Juden Osteuropas entstandene und seitdem weiter verbreitete Bewegung, die für das jüdische Volk eine öffentlich-rechtlich gesicherte Heimstätte in Palästina schaffen will. Es wird eine durch politische Garantien gesicherte Großkolonisation unter türkischer Oberhoheit angestrebt. Den angesiedelten Juden soll das Recht der Selbstverwaltung zugebilligt werden. Der erste Zionistenkongreß, von dem Wiener Schriftsteller Th. Herzl (s. d.) nach Basel einberufen, arbeitete das sogen. Baseler Programm aus und rief eine Organisation ins Leben, die gegenwärtig über 200,000 Mitglieder in allen von Juden bewohnten Ländern umfaßt und in stetem Wachsen begriffen ist. Der Kongreß tritt alle zwei Jahre zusammen und hat eine große Reihe von Organisationen und finanziellen Instituten geschaffen, so den »Jewish Colonial Trust« und den »Jüdischen Nationalfonds«, beide mit dem Sitz in London, die »Anglo-Palestine Co.« in Jaffa, Jerusalem und Beirut. In den letzten Jahren hat die Zionistische Organisation (derzeitiger Präsident David Wolfssohn in Köln) eine Reihe größerer Palästina-Arbeiten in Angriff genommen, nachdem der Kongreß ein Angebot der englischen Regierung auf ein Territorium in Ostafrika abgelehnt hatte. Mit der türkischen Regierung steht das Zionistische Aktionskomitee in dauernden und freundlichen Beziehungen. Der Etat der Organisation beträgt jährlich ca. 150,000 Mk., das Gesamtvermögen zurzeit rund 7 Mill. Mk. Als bedeutende Vertreter des Z. seien noch genannt: Professor Warburg-Berlin, Max Nordau-Paris, Sir Francis Montefiore-London, Professor Mandelstamm-Kiew, Franz Oppenheimer-Berlin, Professor Gottheil-New York u. a. Außer einer reichhaltigen, in stetem Wachstum begriffenen zionistischen Literatur (wir erwähnen nur die stenographischen Protokolle der Zionistenkongresse und das »Zionistische ABC-Buch«, Charlottenb. 1908) gibt es zurzeit etwa 40 Zeitschriften; davon erscheinen in Deutschland: »Die Welt« (Köln), »Die Jüdische Rundschau« (Berlin) und das »Frankfurter Israelitische Familienblatt« (Frankfurt a. M.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 952.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: