Enkaustik

[765] Enkaustik (v. gr., Einbrennkunst), 1) die Kunst, das zum Überzug der Schreibtafeln bestimmte Wachs mit Hülfe eines Spatels (Kestron, Vericulum, Veruculum) u. des Feuers aufzutragen; 2) die Kunst der Wachsmalerei. Die Alten kannten bereits diese Kunst u. wurden durch die E. 1) darauf geleitet. Plinius (Hist. Nat. XXXV, 11) schreibt die Erfindung der E. dem Aristides, die Vervollkommnung dem Praxiteles zu, u. gibt genaue Auskunft über die E. der Alten; man kannte davon drei Arten; nach der ersten Art zerließ man das Wachs, mischte es mit einer seinen Ölfarbe u. trug es als Eläodorisches Wachs auf Holz od. Mauern mit einem heißen Spatel auf; in die erkaltete Masse grub dann der Zeichner mit einem kalten Griffel Linien ein (Griffel- od. Cestrummalerei). Bei der zweiten Art ahmte man die erstere auf seinem Grunde von Elfenbein nach u. grub in den rothen od. schwarzen Grund seine Linien ein. Über die dritte Art ist man streitig; Einige behaupten, daß man das Wachs durch eine Art Spiritus od. in Terpentin auflöste, Andere, daß man es durch Hitze flüssig gemacht habe; vielleicht mischte man die Farbe mit aufgelöstem Wachs, malte mittelst eines Pinsels u. brannte dann das Gemälde durch vorsichtige Annäherung des Feuers in den Grund ein. Nach einer anderen Ansicht diente diese Pinselmalerei mit Wachsfarben nur zum handwerksmäßigen Anstrich, namentlich der Schiffswandungen. Auch überzog man die durch Wasserfarben ausgeführten Gemälde mit einer dünnen Schicht Wachs, um das Gemälde gegen atmosphärische Einflüsse zu schützen. Trotz der gerühmten Dauerhaftigkeit der E. sind keine derartigen Gemälde auf die neue Zeit gekommen u. selbst in Pompeji u. Herculanum ist keine Spur davon entdeckt worden. Wahrscheinlich wurde diese Wachsmalerei nur für Holztafelbilder allgemeiner angewandt, welche, da sie transportabel waren, im Laufe der Völkerwanderung zerstreut u. zerstört sein mögen. Die E. dauerte bis in das Mittelalter, bes. in Constantinopel fort, bis sie endlich nach Ein. im 5. Jahrh., nach And. später, verloren ging. Um 1752 brachte zuerst der Graf Caylus die E. wieder zur Sprache, u. stellte, in Verein mit dem Chemiker Majault, durch den Maler Vien 1754, einen Minervenkopf mit aufgelöstem, durch Hitze eingebranntem Wachs dar. Er entdeckte nach u. nach vier Manieren in Wachs zu malen. Gleichzeitig mit Caylus trat Bachelier auf, der die E. schon 1749 durch eine Auflösung des Wachses in Terpentingeist od. in alkalischen Auflösungen wieder entdeckt haben wollte. Der spanische Jesuit Requenno u. Reiffenstein in Rom vervollkommten die E. immer mehr, u. etwa 10 Jahre später wandten von Taubenheim in Manheim u. Calau in Berlin Ähnliches an. Letzter meinte, Gemälde nach Art der Vasengemälde der Alten, durch eine Mischung, die[765] er Eläodorisches Wachs nannte, zu liefern, doch wurde ihm bald bewiesen, daß die Vasen nie mit Wachs gemalt wurden. Später haben auch Rode u. Tob. Meyer über die E. Versuche angestellt. Neuester Zeit ist die E. in ausgedehntester Weise in München in Anwendung gekommen u. zwar in zwei verschiedenen Methoden. Die eine, durch v. Klenze eingeführte, heißt uneigentlich so, da das Einbrennen bei ihr wegfällt u. sie nur des Wachses sich bedient, das mit einem Harz vermischt wird. Die andere Methode ist eine Erfindung Fernbachs. (Die Enkaustische Malerei, Münch. 1845); die Materialien desselben sind Terpentinöl, Wachs, Terpentin, Bernstein u. Kautschuk. In Paris, so wie hier u. da in Italien, wird die E. häufig bei großen Wandgemälden angewendet. Die Künstler befolgen die Methode von Taubenheim, modificirt durch Montabert, wobei Elemi- u. Dammarahärze mit Wachs vermischt werden; in München (wo vornehmlich die Malereien im neuen Königsbau, die Wandverzierungen im Corridor der Pinakothek, die Odyssee im unteren Geschoß des Saalbaues u. die griechischen Landschaften von Rottmann in E. ausgeführt sind) bedient man sich außerdem beim Farbenauftrag flüchtiger (auch wohl anderer) Öle; 3) bei den Neueren auch so v.w. Porzellan- u. Glasmalerei.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 765-766.
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