Galēnos

[853] Galēnos, Claudius, geb. 131 n. Chr. in Pergamum, wo sein Vater Nikon Architekt war; er studirte Philosophie u. Medicin erst in seiner Vaterstadt, dann nach seines Vaters Tode 152 in Smyrna, Korinth u. Alexandrien, bes. Anatomie. Zurückgekehrt nach Pergamum, 158, übernahm er hier die Cur der öffentlichen Kämpfer; ein Aufstand daselbst bestimmte ihn aber, sich 164 nach Rom zu wenden, wo er durch glückliche Curen, wissenschaftliche Vorlesungen u. literarische Thätigkeit großen Ruf erlangte. Von 167 an lebte er an verschiedenen Orten Griechenlands, kehrte dann nach Rom zurück, war eine Zeit lang im Gefolge der Kaiser Marc Aurel u. L. Verus zu Aquileja, dann Leibarzt des Kaisers Commodus zu Rom. Zuletzt wendete er sich wieder in sein Vaterland u. st. um 200. Er suchte alle zu seiner Zeit in den medicinischen Schulen herrschenden Secten in Verein zu bringen, stellte zunächst die Hippokratischen Lehrsätze als Grundsätze auf, brachte dieselben aber mit Platonischen u. Aristotelischen Lehren in Verbindung. In seinem Vortrag ist er Dialektiker u. weitschweifig, aber kritisch u. scharfsichtig. Das ganze Gebäude der theoretischen Medicin war viele Jahrh. hindurch bes. aus seinen Schriften genommen. Die Galenischen Lehren gingen meist auch, nach Untergang der Griechischen Literatur, in die Schriften der Araber über u. behaupteten sich bis in die letzten Jahrh., wo erst eine bessere Einsicht u. tiefere Forschungen auf dem Gebiete der Heilkunst die Verdienste des G. auf ihren wahren Werth zurückbrachten. Die Zahl seiner anerkannt echten griechischen Schriften, welche sich auf alle Zweige der Medicin beziehen, ist 100, die etwas verdächtigen (worunter auch, wie von den folgenden, mehrere blos in lateinischer Übersetzung erhalten sind) 18, die der offenbar unechten 24; von 19 hat man nur Fragmente; außerdem sind 18 Commentare über Hippokratische Schriften von ihm erhalten; über 300 sind ganz verloren. Die berühmtesten Schriften G-s sind zur Anatomie: Περὶ ἀνατομικῶν ἐγχειρήσεων, 9 Bücher, Περὶ ὀστῶν, Περὶ φλεβῶν καὶ ἀρτηριῶν, Περὶ νεύρων ἀνατομῆς, Περὶ μήτρας ἀνατομῆς, Περὶ μυῶν κυνήσεως, Περὶ τῶν τῆς ἀναπνοῆς ἀιτιών, Περὶ σπέρματος, Περὶ ὐσφρήσεως ὀργάνου; zur Physiologie: Περὶ χρείας τῶν ἐν ἀνϑρώπου σώματι μορίων, 17 B.; zur Pathologie: Περὶ τῶν πεπονϑότων τόπων, 6 B., Περὶ διαφορᾶς νοσημάτων, Περὶ τών ἐν τοῖς νοσήμασιν αἰτιῶν, Περὶ συμπτωμάτων διαφορᾶς, Περὶ τῶν ἐν ταῖς νόσοις καιρῶν, Περὶ διαφορᾶς πυρετῶν, Περὶ μαρασμοῠ u.a.; zur Arzneimittellehre: Περὶ κράσεως καὶ δυνάμεως τῶν ἁπλών φαρμάκων, 9 B., Περὶ συνϑέσεως φαρμάκων τῶν κατὰ τόπους, 10 B., Περὶ συνϑ. φαρμ. τών κατὰ γένη, 7 B., Περὶ ἀντιδότων, Περὶ τῆς ϑηριακῆς; zur Therapie: Τέχνη ἰα τρικἡ; Θεραπ ε υτ ικὴμέϑοδος, 14 B., u. v. a. Seine berühmteste Schrift ist Τέχνη ἰατρική (im Mittelalter Microtechnum od. Tegnum genannt), welche lange Zeit Lehr- u. Schulbuch war. Die Galenschen Werke erschienen zuerst (theilweise) griechisch, Vened. 1525, 5 Bde., Fol., Basel 1538, 5 Bde, Fol.; Hauptausgabe (mit Hippokrates) von R. Charter, Par. 1679, 3 Bde., gr. Fol., n.A. von Kühn, 1821–33, 20 Bde. Von lateinischen Übersetzungen erschien die früheste in 2 Bdn., Ven. 1490, Fol. (n. Aufl. 1502), u. in 3 Bdn. 1522, Fol, u. ö. Auch einzelne Schriften sind einzeln herausgegeben; in neuerer Zeit sind noch Galenische Schriften entdeckt u. herausgegeben worden von Minas, Par. 1844, u. Andr. Daremberg, ebd. 1848; Lebensbeschreibung von Eustachius, Neap. 1577, Par. 1660.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 853.
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