Helĭos

[215] Helĭos, 1) bei den Römern Sol, der Sonnengott, die tägliche u. jährliche Erscheinung der Sonne, die am Himmel auf- u. niedersteigt, sein Cult ist orientalischen Ursprungs; er war der Sohn des Titanen Hyperion u. der Theia od. Euryphanta, der Bruder der Selene u. Eos. H. badet sich u. seine geflügelten vier weißen Rosse (Pyroeis, Eoos, Äthon, Phlegon) am Morgen in dem strahlenden See der Äthiopen am Ocean im Osten u. erhebt sich dann in seinem Viergespann an dem ehernen Himmelsgewölbe. Nach And. befindet sich in der Gegend des Aufgangs die glänzende Sonnenburg, aus welcher H. jeden Morgen ausgeht. Hat er seine Bahn vollendet, so schläft er im Westen u. wird dann (nach späteren Dichtern) am Morgen in einem goldenen Becher od. einer goldenen Schale, die Hephästos gebildet hatte, durch den Ocean nach dem östlichen Äa geführt, wo er seine Bahn von Neuem beginnt. H. ist ein mächtiger Gott, welcher alles sieht u. Alles hört. Deshalb galt er für den Späher der Götter u. Menschen, der die Geheimnisse entdecken kann, u. wurde bei Eidschwüren angerufen, auch schwuren die Männer ihre Liebe bei ihm. Er verleiht Einsicht u. Weisheit. Auf der Insel Thrinakia im Mittelmeer weiden seine heiligen Heerden, welche sich weder vermehren, noch vermindern, sieben Heerden Kühe u. eben so viele von Lämmern, gehütet von Phaëthusa u. Lampetia, den Töchtern des H. von der Neära. Sagen von ihm sind: einst stritt er mit Poseidon um die Korinthische Landenge; Briareus, zum Schiedsrichter erwählt, sprach dem H. den Berg über Korinth, dem Poseidon den Isthmus zu; er verrieth dem Hephästos die heimliche Umarmung des Ares mit Aphrodite u. der Demeter den Räuber der Proserpina; die Überlassung des Sonnenwagens an seinen Sohn Phaëthon (s.d.). Schwer rächte er den Raub einiger Rinder, welche die Gefährten des Odysseus an seinen Heerden in Sicilien begingen, s.u. Odysseus. [215] Beinamen sind: Hyperionĭdes, Hyperīon, Titan (von seiner Abkunft), Akamas (der Unermüdliche), Phaëthon (von dem glänzenden Licht); seit Euripides wurde H. mit Apollon identificirt, daher sein Beiname Phöbos. Er war von Perse Vater der Kirke u. des Äëtes; von Antiope des Aloeus, von Klymene des Phaëthon, von Aphrodite der Rhodos, von Naupidame des Augias. Seine eigentliche Gemahlin war Rhode, Tochter des Poseidon u. der Amphitrite, welche von ihm Phaëthon I., die Heliadä u. Elektryone gebar. Der Hauptsitz seines Cultus war Rhodos, wo in dem berühmten Koloß sein Bild ausgeführt war; nach der Sage besaß er die Insel Rhodos ursprünglich, u. die dortigen Geschlechter rühmten sich von ihm abzustammen. Er wurde meist auf Bergen u. am Meere verehrt; so bes. in Korinth u. in den korinthischen Colonien (z.B. in Apollonia), auf dem Taygetos, auf dem Vorgebirge Tänaron, wo er meist heilige Heerden hatte. Tempel hatte er außerdem noch in Argos, Trözene als Eleutherios, Megalopolis u. Elis; in Rom auf dem Palatinischen Berg. Sein Hauptfest fiel in Rhodos in den Monat Gorpiäos (August), u. man opferte ihm hier jährlich einen vierspännigen Wagen, der ins Meer geworfen wurde; außerdem geweihte weiße Lämmer od. Eber. Heilig waren ihm Pferde, Wölfe, Hähne, Adler u.a. Abgebildet wird H. als Jüngling, bekleidet, mit Strahlen um das Haupt, auf seinem Viergespann fahrend. 2) Jüngster Sohn des Perseus, Erbe von Helos in Lakonika, erhielt nebst Kephalos von Amphitruo für seinen Beistand gegen die Teleboer die Echinaden.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 215-216.
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