Hephästos

[247] Hephästos, bei den Römern Vulcanus; Gott des strahlenden u. wärmenden Feuers, welches sich als Elementarkraft in der ganzen Natur verbreitet findet u. in vulkanischen Eruptionen u. in der Jahreshitze seine formenbildende Macht äußert, die bes. noch im menschlichen Leben in den Kunstwerken, welche mit Hülfe des Feuers hervorgebracht werden, hervortritt. In allen diesen Wirkungen u. Thätigkeiten offenbart sich H. Der Vorstellung gemäß, daß alles Feuer vom Himmel stammt, ist er der Sohn des Zeus u. der Here; nach anderen Mythen gebar ihn Here ohne Zuthun eines Mannes (daher sein Beiname Apator [Vaterloser]). Da H. von seiner Geburt an lahm war, so warf ihn seine Mutter aus dem Olymp; H. fiel ins Meer, wurde von Thetis u. Eurynome aufgenommen u. neun Jahre lang in verborgenen Grotten gepflegt, wo er viele kunstreiche Werke schmiedete. Nach anderer Tradition rührte seine Lahmheit daher, daß, als er einst bei einem Streite zwischen Zeus u. Here seiner Mutter beistehen wollte, Zeus ihn vom Olymp schleuderte; H. fiel einen ganzen Tag lang u. stürzte mit Sonnenuntergang auf die Insel Lemnos, u. die Sintier, die Bewohner jener Insel, nahmen ihn auf u. pflegten ihn. Wegen seiner Lahmheit hat er die Beinamen Kyllopoddion u. Amphigyeeis. Sonst war er von rüstigem u. starkem Körperbau, ein tüchtiger Schmied, mit nervigem Nacken, starker Brust u. gewaltigen Armen. Um sich an seiner Mutter, welche ihn vom Olymp gestürzt hatte, zu rächen, schmiedete H. einen goldenen Thron mit unsichtbaren Fesseln u. schickte ihn der Here. Als sich diese darauf setzte, war sie gefesselt, u. keine Vorstellungen u. Bitten der Götter vermochten den H., sie wieder zu lösen, bis Dionysos, der Freund des H., ihn betrunken machte u. auf den Olymp zurückführte, wo nun Here wieder von ihren Fesseln befreit ward Nach seiner Verweisung aus dem Olymplebte er unter der Erde u. fertigte daselbst die kostbarsten Geräthschaften, Kunstwerke, Waffenstücke etc., namentlich was davon im Olymp gebraucht od. den Sterblichen von Göttern an prächtigen Geschenken gegeben wurde; dahin gehören die von selbst sich bewegenden Tische (Dreifüße) in dem Speisesaal der Götter, die Waffen des Achilles, bes. dessen Schild, die Rüstung des Diomedes, die goldenen Sklavinnen, deren er sich beim Gehen als Stützen bediente, die Scepter des Zeus, Pelops u. Agamemnon, die Säulen im Palast des Alkinoos u. die denselben bewachenden goldenen Hunde, der Palast u. der Wagen des Helios, das Halsband der Hermione, die Krone der Ariadne, das Schwert des Peleus, die ehernen Stiere des Äetes, das Netz, worin er Ares u. Aphrodite fing, auf Befehl des Zeus die Büchse der Pandora u. v. a. Überhaupt, wo ein altes kostbares Prachtstück in der Mythologie erwähnt wird, da pflegt es aus den künstlerischen Händen des H. hervorgegangen zu sein. Thaten: die Anschmiedung des Prometheus an den Kaukasos, die Bändigung der Flamme des Xanthosflusses im Trojanischen Kriege, die Zerspaltung des Kopfes des Zeus, zu dessen Entbindung von Athene. Bei Homer hat er seine Werkstätte mit 20 künstlichen Blasebälgen auf dem Olymp; bei Anderen werden als Orte seiner Werkstätte genannt die feuerspeienden Berge, bes. auf Lemnos, auf den Liparen, in dem Ätna, wo er mit seinen Knechten, den Kyklopen (den alten Dämonen des Feuers), arbeitete. Als Gemahlinnen wurden ihm bald Aglaia, die jüngste der Chariten, bald Aphrodite gegeben; doch blieb ihm Letztere wegen seiner Häßlichkeit nicht treu. Die Römer legten ihm Maja (Ops) als Gemahlin bei. Von Aglaia u. Aphrodite hatte er keine Kinder, aber von Maja den Riesen Cacus, von Antiklea den Periphetes. Da er einst die Athene überfiel u. ihre Reize genießen wollte, diese ihm aber entging, so entstand aus der ihm entfließenden Zeugungskraft Erichthonios. Sein Cultus war in Athen sehr alt, denn er sollte mit Athene die Künste vom Himmel gebracht haben, wodurch die Menschen zu gesellschaftlichen Vereinen gebildet u. gesittet worden waren; Lemnos war ein Hauptort seiner Verehrung. Für die Großgriechen waren der Ätna mit den an Sicilien liegenden Liparischen Inseln wegen ihres vulkanischen Bodens, ferner das südliche Campanien mit seinen vulkanischen Buchten u. Inseln in der Gegend von Pozzuoli Hauptpunkte der Verehrung des H.; Romulus baute ihm in Rom einen Tempel. Abbildungen stellen den H. als Schmied vor, vor einem Ambos mit Hammer u. Zange arbeitend, bärtig, nur leicht gekleidet u. den Kopf mit einer Mütze verhüllt. Obgleich lahm, welche Eigenschaft in früheren Zeiten auffälliger, später leiser u. zarter durch die Bildende Kunst ausgedrückt wurde, wird er doch dargestellt mit starkem, kräftigem Körper; bes. war ein Bild des Atheners Alkamenes von H. berühmt. Auf Vasen findet sich oft die Scene dargestellt,[247] wie Dionysos den betrunkenen H. auf den Olymp zurückführt, od. wie H. dem Zeus das Haupt spaltet, od. wie er den Prometheus anschmiedet etc. Heilig waren ihm die Löwen. Tempel hatte er bes. in Athen (Hephästeion) u. in Rom. Von Festen wurden ihm gefeiert in Athen die Hephästeia, wobei die Lampadodromie (s. Fackellauf unt. Fackel) stattfand; ferner an demselben Orte ihm u. der Athene gemeinschaftlich das Fest der Chalkeia am letzten Pyanepston (October) u. die Apaturien in demselben Monate; in Rom die Vulcanalia (s.d.). Aus fremden Mythen wurde der Mythus des H. bes. mit dem des Ägyptischen Phtha (s.d.) bereichert u. dieser Gott von den Griechen geradezu mit dem griechischen H. identificirt; auch den Deutschen wird nach Cäsar die Verehrung eines H. zugeschrieben.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 247-248.
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