Schwedische Sprache

[582] Schwedische Sprache, gehört als ein Zweig der Skandinavischen Sprachen zu dem Hauptstamm der Germanischen Sprachen (s.d.). Das Altschwedische, wie es sich bis in das 15. Jahrh. in den Runenschriften, dann bes. in den Provinzialgesetzen, Chroniken, Legenden u. Übersetzungen darstellt, ist in lautlicher, grammatikalischer u. lexikalischer Beziehung wenig von dem Altnordischen (s.d.) unterschieden. Wie schon seit der Einführung des Christenthums, in deren Folge Schweden statt seiner alten nationalen Runenschrift die lateinische Buchstabenschrift erhielt, ein wesentlicher Einfluß durch das Lateinische auf die S. S. geübt wurde, so geschah dies noch mehr seit dem 13. Jahrh. durch das Deutsche in Folge des regen Verkehrs mit den Ostseeländern u. seit dem 14. Jahrh. durch das Dänische, nachdem Schweden durch die Calmarische Union mit Dänemark unter Einen König gekommen war. Die S. S. hatte eine große Zahl fremde Wörter u. Redeweisen erhalten u. war in ihren Flexionsformen abgeschwächt u. durch willkürliche Orthographie entstellt. Erst seit der Reformationszeit im 16. Jahrh. entwickelte u. befestigte sich das jetzige Neuschwedische, Anfangs zwar wieder unter dem Einfluß der Deutschen, denn in Deutschland hatten Schwedens Reformatoren studirt, in Norddeutschland, dem Herde der kirchlichen Bewegung, hatte Schweden Besitzungen u. nahm an Deutschlands Schicksalen, namentlich im Dreißigjährigen Kriege, energischen u. langdauernden Antheil, aus Deutschland erhielt es seine Anregungen zur Cultur der Wissenschaften; sodann seit der Gustavianischen Zeit unter Einfluß des Französischen; aber die Reformatoren der Kirche, Lorenz u. Olaf Peterson, reinigten u. bildeten durch ihre Bibelübersetzung auch die vaterländische Sprache, wie die Bestrebungen Stjernhjelms u. des nationalen Gothenbundes, der Reformatoren der Schwedischen Literatur (s.d. S. 572 f.), daß sie jetzt eine der kräftigsten u. wohlklingendsten der Germanischen Sprache ist. Sie wird außer in Schweden selbst wesentlich noch auf den östlichen Inseln, in den Städten Finnlands u. auf Runö gesprochen. Sie hat 28 Laute: a, b, c, d, e, f, g, h, i, j, k, l, m, n, o, p, q, r, s, t, u, v (w), x, y, z, å, ä, ö; von diesen sind o, e, i, o, u, y, å, ä, ö die Vocale; Diphthonge hat die S. S. nicht. Geschrieben wird das Schwedische in neuester Zeit mit lateinischen, früher aber gewöhnlich mit deutschen Buchstaben, in letzterem Falle trat an die Stelle des v das w. Eigenthümlich ist der S-n S. der Laut å, welcher zwischen a u. o inne gesprochen wird. Übrigens ist die Aussprache der Schreibung meist gleich, nur wird o gewöhnlich wie u, sj wie sch, k vor i, y, ä, ö wie tj od. tsch, dagegen tj wie kj gesprochen etc. Am reinsten wird das Schwedische in Södermanland u. um Stockholm gesprochen. Der Artikel ist entweder unbestimmt (en, et) u. wird dem Hauptwort vorgesetzt; od. bestimmt (en, et) u. wird dem Worte angehängt (gåsen, guldet, die Gans, das Geld); od. bestimmend (den, det) ebenfalls vorgesetzt; die Fälle, wo der bestimmende Artikel (eigentliche Demonstrativpronomen) gebraucht wird, sind die, wenn ein Adjectivum zum Substantiv erhoben, wenn ein Substantiv bei einem Adjectiv od. Participium weggelassen ist, wenn Numeralia bei dem Substantiv stehen, wenn auf das Substantiv ein erklärender relativer Satz folgt. Die Declination des Substantivum ist sehr unvollkommen, da nur zwei Casusformen, die eine für Nominativ u. Accusativ, die andere für Genitiv, vorkommen; der Dativ wird durch Präpositionen ausgedrückt; doch scheidet sich Singular u. Plural, z.B. ande Geist, andes Geistes, andar Geister, andars (der) Geister; die Declination mit dem angehängten Artikel geschieht so: anden der Geist, andens des Geistes, andarne die Geister, andarnes der Geister. Das Adjectivum hat eine starke u. schwache Form (s.u. Germanische Sprache). Die Steigerung geschieht im Comparativ durch die Anhängsylbe are, im Superlativ durch die Sylbe ast. Die Pronomina sind vollständig; das Verbum, welches eine schwache u. eine starke Conjugation hat, ist arm an Formen u. bildet nur Präsens u. ein Präteritum; die andern [582] Tempora werden durch die Auxilaria hafva, vara, skola (haben, sein, werden) umschrieben. Das Passivum wird im Präsens u. dem Präteritum durch Anhängung eines s an das Activum gebildet, das Übrige wird wie im Deutschen umschrieben; so werden auch alle Conjunctive ausgedrückt. Wegen der geringen Flexionsfähigkeit der Nomina ist die Wortstellung in der S. S. ganz die natürliche. Der Anfang des Vaterunsers lautet: Fader vår, som år i himmeln, helgadt vare ditt namn, d.h. Vater unser, welcher bist in dem- Himmel, geheiligt werde dein Name. Grammatiken: von G. A. F. Wallen, 1682; Jasper Swedburg, Stockh. 1722; N. Tjälimann, ebd. 1696; A. Heldmann, Upsaka 1738; A. Sahlstedt, ebd. 1769, Stockh. 1787 (deutsch von I. L. Bagge, Lüb. 1796); G. Sjöborg, Strals. 1796 (3. Aufl. 1829); A. Fryxell, 10. Aufl. 1848; Kollner, Stockh. 1813; Brockmann, ebd. 1812; Swedbom, 3. A. 1849; Almquist, 3. Aufl. 1843; Schram, 4. A. 1845; die Spraklåra der Akademie, 1836; Dietrich, ebd. 1846; Strömborg, ebd. 1852; Rydquist, Svenska språkets lagar, Stockh. 1850–57. 2 Bde. Lexika: von G. Stjernhjelm, Antiquarius linguae Scando-Gothicae etc., ebd. 1643; von Spegel, Lund 1712; Ol. Lind, Stockh. 1749; von I. Ihre, Ups. 1769, 2 Bde., Fol.; A. Sahlstedt, Stockh. 1773 (2. Aufl. 1793); H. Sjögren, ebd. 1775; I. C. Dähnert (schwedisch-deutsch-französisch), Ups. 1784, Strals. 1796; I. G. P. Möller, Stockh. 1783–90, 3 Bde. (2. Aufl. Lpz. 1807); J. Björkegren (französisch-schwedisch), Stockh. 1784–86, 2 Bde.; I. K. Höft (schwedisch-dänisch), Kopenh. 1799; C. Heinrich (schwedisch-lateinisch), 1825; Freese, Strals. 1842; Almquist, 1842–44, 2 Bde.; A. F. Dalin, Ordbok öfver Svenska språket, Stockh. 1850, 2 Bde.; Werke über die Dialekte s. Schwedische Literatur S. 581. Zur Geschichte der Sprache: I. Boethius, De mutationibus linguae Sueo-Gothicae, Upsala 1742; Rhyzelius, Über die Geschichte der S-n S., im Schwedischen Mercur vom Jahre 1758, dazu L. Sotbergs Bemerkungen im 2. Bd. der Vitterhets academiens handlingar vom Jahre 1776; N. M. Petersen, De danske, svenske y noreke sprogs historie, Kopenh. 1830, 2 Bde., u. Munch, Forn-Svenskans och Forn-Noskans språkbygnad, 1849.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 582-583.
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