Wentzel

[97] Wentzel, 1) Johann Christoph, geb. 19. Febr. 1660 zu Marksuhl (nach And. 8. Febr. 1659 zu Unter-Ellenbogen) in Thüringen, studirte erst seit 1675 Philosophie u. Medicin in Erfurt, dann seit 1684 Theologie in Jena, beschäftigte sich auch mit der Musik u. wurde von dem Prinzen Johann Wilhelm mit der Leitung seiner Kapelle beauftragt; er hielt seit 1686 Vorlesungen, wurde 1695 Rector des Gymnasiums in Altenburg u. 1713 in Zittau, wo er 2. März 1723 starb. Er schr. u.a. geistliche Lieder, welche als Geistliches Brandopfer, Altenb. 1703, herauskamen. 2) August, geb. 30. Jan. 1799 in Breslau, erhielt seine wissenschaftliche Vorbildung auf dem Magdalenengymnasium daselbst, studirte 1817–21 in Heidelberg u. Bonn Jurisprudenz, wurde dann Auscultator beim Stadtgericht in Breslau, 1824 Assessor beim Landgericht in Fraustadt, 1825 Director des Land- u. Stadtgerichts in Trebnitz, 1831 Oberlandesgerichtsrath in Marienwerder, später in gleicher Stellung nach Breslau versetzt, 1832 Director des Landgerichts in Breslau, 1836 Director des Fürstenthumsgerichts in Neisse, 1840 des Land- u. Stadtgerichts in Halle, 1842 des Stadtgerichts in Berlin u. trat als solcher 1844 zugleich als Vortragender Rath für Gesetzrevision in das Justizministerium u. 1845 als Hülfsarbeiter in das Geheime Obertribunal ein; 1846 wurde er Staatsanwalt beim Kammergericht in Berlin u. leitete als solcher die Anklage in dem großen Polenprocesse (August bis December 1847). Im April 1848 wurde er Chefpräsident des Oberlandesgerichts (nachmaligen Appellationsgerichts) in Ratibor, dann auch in die Deutsche Nationalversammlung, so wie von 1849 an von verschiedenen Wahlkreisen jedesmal in die preußische zweite Kammer (resp. Abgeordnetenhaus) gewählt, wo er zur Linken gehörte u. unter dem Ministerium Manteuffel an der Spitze der parlamentarischen Opposition stand. Er st. 11./12. Mai 1860 in Berlin, als er eben vom Prinz-Regenten zum Justizminister designirt worden war. Er schr.: Der preußische Mandats-, summarische u. Bagatellproceß, Breslau 1833; Das Preußische Strafrecht aus den jetzt geltenden gesetzlichen Bestimmungen zusammengestellt, ebd. 1837; (mit seinem Bruder Julius W.) Das Schlesische Localrecht, ebd. 1840; Ergänzungen des Strafgesetzbuchs, Lpz. 1851; (mit C. Klose) Die preußische Concursordnung, Berlin 1855; 3) s. Wenzel.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 97.
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