Treiben

1. Aebbis muess me tribe, sust he me langi Wil.

Lat.: Nullus a genti dies longus. (Seneca.)


2. Bû me 't drîwet, sau geit et. (Waldeck.) – Curtze, 344, 373; für Hannover: Schambach, II, 117; hochdeutsch bei Körte, 6819.


[1303] 3. Ein jeder treibe, was er kann und nehm' sich nicht um anders an.Seybold, 474.


4. Einer kann 't so driben, dat em sin eigen Hund biten. (Mecklenburg.) – Raabe, 75.


5. Eines treibt das andere.Sailer, 210.


6. Es treibt gern jedermann, was er am besten kann.

Lat.: Qui canit arte, canat; qui bibit arte, bibat. (Ovid.) – Quod medicorum est, promittunt medici, tractant fabrilia fabri. (Horaz.) (Philippi, II, 137 u. 143.) – Scilicet est cupidus studiorum quisque suorum, tempus et assueta ponere in arte juvat. (Ovid.) (Binder II, 3037; Fischer, 265, 20; Kruse, 996.)


7. Ich treibe alles, was mir in den Weg kommt, sagte die Locomotive, als sie über den Bummler fuhr.


8. Ik wet wuol, bat ik driwe, wann 'k en Iesel vör mi hewwe. (Iserlohn.) – Woeste, 83, 48.

Ich weiss wol, was ich treibe, wenn ich einen Esel vor mir habe. Man muss wissen, wen man treibt, wenn man einen Esel vor sich hat.


9. Ist nichts da zu treiben, so soll man austragen.Graf, 51, 181.

Die Abgabe des Todfalls oder Besthaupts bestand in der besten Habe des Verstorbenen, zunächst in dem besten Stück Vieh; erst wenn nichts wegzutreiben war, durfte man sich an andere Gegenstände halten und sie wegtragen. Es sollte dadurch den Hinterbliebenen ihr Hausrath und ihre Einrichtung erhalten bleiben. (S. Haupt.)

Mhd.: Ist niit do ze triben, so sol man usstragen. (Grimm, Wb., I, 240.)


10. Jeder treibe sein Handwerk.

Lat.: Sportum nactus est, hanc orna.


11. Jeder treibe, was er kann.Eiselein, 630; Simrock, 5400.

Lat.: Faber fabrilia tractat. (Frisius, 39.) – Quam quisque norit artem, in hac se exerceat. (Cicero.) (Erasm., 909; Tappius, 71b; Binder I, 1439; II, 2728; Faselius, 293; Wiegand, 328; Seybold, 474.) – Quam scit, libens exerceat, artem. (Horaz.) (Binder II, 2738; Faselius, 214; Seybold, 474.) – Quapote quique in ea conterat arte diem. (Properz.) (Eiselein, 360.)


12. Jeder treibt es, wie er kann.

It.: Com' asino sape, cosi minuzza rape.


13. Jeder treibt, was er gelernt.


14. Jeder treibt, was er kann, die Hunde bellen, die Wölfe heulen und die Mönche lügen. Klosterspiegel, 11, 4.


15. Man treibt den Farren nach Montpellier, er kommt zurück und ist ein Stier.


16. Man treibt jn, weil er gehen kan.Agricola II, 195.


17. Treib, was du kanst.Franck, I, 126a; Gruter, I, 67.


18. Treibe, was du kannst, das ist ein gut Ding. Simrock, 10487, 32; Schottel, 1110b; Körte, 6046.


19. Treibs, so gehets; jagst, so fähest.Lehmann, 197, 2; Masson, 337.


20. Treibs, so gehts.Franck, I, 89b u. 145a; II, 108a; Gruter, I, 67; Petri, II, 549; Henisch, 1435, 35; Latendorf II, 26; Lehmann, II, 19; Sailer, 277; Körte, 6045; Mayer, II, 22; Simrock, 10456; Braun, I, 4581.

Frz.: A forgeron devient forgeron.


21. Treibt man's gut, Gott es segnen thut.


22. Was einer will treiben und zichten, das soll er mit Fleiss verrichten.Nass. Schulbl., XIV, 5.


23. Was man treiben und tragen mag, ist fahrende Habe.Graf, 64, 1.

Erklärt den Begriff Fahrhabe, die im alten deutschen Recht sehr wesentlich von Liegenschaft, von Grund und Boden, als dem wahren Eigen unterschieden wurde. (S. Eigen 1 u. 7, Fackel 7 und Fahrhabe.)

Mhd.: Fahrende habe ist di man getriben und getragen mag. (Schwäb. Landrecht, 268.)


24. Was man treibt, das bleibt.Mayer, II, 152; Simrock, 10458; Dove, 688; Braun, I, 4583.


25. Was man treibt, gewinnt man lieb.


26. Was wir hier treiben und kosen, soll bleiben unter den Rosen.Körte, 5095.

An der Decke der Rathhäuser und Gemeindeschenkenstuben war gewöhnlich über dem Tische, an dem die Gemeindevorsteher rathschlagten, eine grosse, in Holz geschnittene und roth angestrichene Rose. Alles musste auf eine ehrbare Weise geschehen; und von dem, was dort gesprochen, durfte nichts ausgeplaudert werden.

Frz.: Ce qui est dit entre les verres ne doit point amener de guerre. (Masson, 286.)


[1304] 27. Wen (wer) andere well drîwen, mot selwer laupen. (Meurs.) – Firmenich, I, 405, 281.


28. Wenn ich treibe, hüte ich nicht.Klix, 108.


29. Wie m' es tribt, se gohds, wie m' es stellt, se stohds. (Luzern.)


30. Wie man's treibt, so geht's.Hollenberg, III, 6; Petri, II, 791; Eiselein, 602; Blum, 328; Müller, 17, 10; Simrock, 10455; Sprichwörterschatz, 171; Braun, I, 4582; Lohrengel, I, 882; schlesisch bei Gomolcke, 1118; Frommann, III, 245, 146.

»Wie man es treibt, so geht's wer scharffe Disteln sät, der erntet Stacheln ein. Der trinket selten Meth, der in dem Karne zieht. Man liegt, wie man sich bettet; der kommt im Feuer um, der sich nicht zeitlich rettet.« (Keller, 172a.)

Engl.: Do well and have well. (Masson, 379.)

Frz.: Qui bien fera bien trouvera. (Kritzinger, 300a; Masson, 276.)

Ung.: A' ki mint keresi, úgi veszi hasznát. – A' mint öntik a' harangot, úgy szóll. – A' mint vágod a' fát, úgy húll a' forgács. (Gaal, 1722.)


31. Wie man's treibt, so geht's, sagte der Bauer, und nahm die Kuh beim Schwanz.


32. Wie mans treibt, so wird einem gelohnet. Luther's Tischr., 295b; Petri, II, 857; Eiselein, 602.

Lat.: Qualia quisque gerit, talia quisque feret. (Eiselein, 602.)


33. Wie mer's treibt, so hat mer's. (Ulm.)

Frz.: A beau jeu, beau retour. (Lendroy, 119.)


34. Wozu du dich wirst zeitig treiben, das wird dir im Alter bleiben.Seybold, 20.


*35. Er treibt auf seiner Last (Fracht).

Von einem Schiffe, das leck ist, und nur durch seine Ladung: Holz, Kattun u.s.w. vor dem Sinken bewahrt bleibt. Als Sprichwort von einem Bankerotten, der sich mit seinem Gläubiger gesetzt hat, oder von einem Menschen, von dessen Schlechtigkeit man überzeugt ist, die man ihm aber nicht beweisen kann.


*36. Er treibt's gerade so, als wenn er der Graf Popel wäre.

»Noch heutigen Tages«, sagt der Egerbote (1875 S. 11), »kann man hierzulande diese Redensart im Volke hören. Sie gilt als Bezeichnung für einen machtstolzen, strengen Herrn, der andern gern seine Uebermacht, seinen Reichthum und seine Launen fühlen lässt. Das Sprichwort knüpft sich jedenfalls an die Persönlichkeit des Georg Popel von Lobkowitz, dessen Herrschaft und Wirksamkeit in einem grossen Theile des Egerlandes nach allen historischen Nachrichten eine harte und unglückliche war. Es ist demnach eine Art Volksgericht, das in dem obigen Spruche über den strengen und strenggläubigen Herrn von Komotau zum Ausdruck gekommen und sich von Geschlecht zu Geschlecht fortgeerbt hat.« Der obenerwähnte Egerbote enthält eine Erzählung, in der über die Entstehung des Sprichworts Aufschluss gegeben wird.


*37. Er treibt's wie die Nagelschmiede.

In einer böhmischen Bergwerksgegend, wo es zahlreiche Nagelschmiede gibt, die periodisch sehr viel Bestellungen haben, und wieder ganz arbeitslos sind; also von solchen, deren Geschäft bald gut, bald gar nicht geht, die heute im Wohlstande, morgen im Nothstande leben, von denen es heisst, wie ein ander Sprichwort sagt: »Heute hui, Morgen pfui«. (Vgl. Siegfried Kapper in Westermann's Monatsschrift, 1856, I, 1-3.)

Lat.: Ne propius ferire.


*38. Nur stet, es treibt uns ja niemand.Eiselein, 602.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867, Sp. 1303-1305.
Lizenz:
Faksimiles:
1303 | 1304 | 1305
Kategorien:

Buchempfehlung

Anonym

Tai I Gin Hua Dsung Dschi. Das Geheimnis der Goldenen Blüte

Tai I Gin Hua Dsung Dschi. Das Geheimnis der Goldenen Blüte

Das chinesische Lebensbuch über das Geheimnis der Goldenen Blüte wird seit dem achten Jahrhundert mündlich überliefert. Diese Ausgabe folgt der Übersetzung von Richard Wilhelm.

50 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon