Verdienen

1. Der eine verdient's, der andere kriegt's.

Engl.: Desert and reward seldom keep company. (Gaal, 1253.)

Lat.: Alii sementem faciunt, alii metunt. – Non semper aequa lance merita compensantur. (Gaal, 1253.)


2. Erst verdienen und dann fordern.

Engl.: First deserve, and then desire. (Bohn II, 355.)


3. Es ist nicht so leicht verdient als verthan. Simrock, 10832.


4. Je saurer verdient, je süsser genossen.

Frz.: C'est la peine qui double le bonheur.


5. Jedem was er verdient.

Poln.: Czego kto godzien, tego mu życzyć. (Lompa, 8.)


6. So verdienet, so gedeyet.Henisch, 1407, 22.


7. So verdient, so gelohnt.Henisch, 698, 10; Petri, II, 538.


8. Sûr verdênt, söt vertêrd.Bueren, 1036.

Sauer verdient, süss verzehrt.


9. Sûr verdênt un bitter vertêrt, mit Tränen to benedden. (Holst.) – Schütze, IV, 231.

Auch wol als Scherzwort, wenn jemand einen Bittern trinkt.


10. Verdien' will jeder. (Rendsburg.)


11. Verdiene was, so hast du was.

Altfries.: Fortiine wat, da heest wat. (Hansen, 2.)


12. Verdienen ist besser (klüger) als wünschen.


[1536] 13. Verdienen ist ein Hauptwort und wird gross geschrieben, sagt Zwickauer.

Ein sprichwörtlich gewordener Witz des Kladderadatsch.


14. Was man verdient, hat man nicht zu verdanken.

Holl.: Die alle dingen wil verdienen, behoeft niet dankbaar te zijn. (Harrebomée, I, 120.)


15. Wenig verdienen vndt viel verzehren, geschiht selten lang in ehren.Aus einer Handschrift der königl. Bibliothek zu Königsberg aus dem 17. Jahrhundert.


16. Wer heidiges Dâges wôs verdienen well, der darf nit hingern Owen sitzen still. (Waldeck.) – Curtze, 365, 633.


17. Wer lothweis verdient und pfundweis verthut, hat einen dummen Muth.

It.: Pazzo è colui, che guadagna a oncie, e spende a libre. (Pazzaglia, 361, 1.)


18. Wer nicht verdient, und nicht verdient, dass er nicht verdient, dem sollte man geben reichlich zu leben.Sonnenstäubchen, 67.


19. Wer nicht verdient, und verdient, dass er nicht verdient, der hat der Kasse erkranken sich selber zu danken.Sonnenstäubchen, 67.


20. Wer verdient, und verdient, dass er verdient, dem gebührt der Preis für seinen Fleiss. Sonnenstäubchen, 68.


21. Wer wohl zu verdienen und recht zu verzehren weiss, der verarmt nicht.

Die Osmanen sagen: Wer seine Speise, seine Erwerbsweise und seine Umgangskreise zu wählen versteht, der verarmt nicht. (Schlechta, 110.)


22. Wer's nicht verdient, dem diene nicht.

Lat.: Male mereri de immerente inscitia est. (Plautus.) (Philippi, I, 237.)


23. Wo vêle verdeint werd, dâ geit er âk vêle wêer tau (oder up).Schambach, II, 610.

Wo viel verdient wird, da geht auch viel wieder dazu, d.h. darauf. Mit grossen Geschäften sind auch grosse Kosten verbunden, und grosse Einnahmen haben auch grosse Ausgaben zur Folge.


*24. Dabei verdiene ich nicht das Blut für den Hund.

Angewandt von einem Fleischer, um zu sagen, er könne mehr als er geboten, für das betreffende Schlachtthier nicht geben, da er schon dabei wenig Gewinn habe.


*25. Dabei verdient man das Wasser nicht.


*26. Dai verdaint sik ok wir en Schüngelbrot. (Iserlohn.) – Woeste, 89, 179.


*27. De verdênt nich det Solt op en Pröckl. Frischbier2, 3891.

Pröckel = ein zugespitztes Stöckchen.


*28. Der verdient sich ne 's Sâlz ei de Suppe. (Oberlausitz.)

*29. Er hat verdient, wie Zablocki auf die Seife. (Danzig.) – Frischbier2, 3889.

Als Danzig noch Freistaat war, versuchte ein gewisser Zablocki nach Königsberg Seife einzuschmuggeln, die dort in hohem Preise stand, und hoch besteuert war. Er befestigte eine Anzahl Tonnen unter dem Schiffskiel und lud oben Ballast; in Königsberg fand er aber die Fässer ausgespült.

Masur.: Zarobił, jak Zabłotny na mydle. (Frischbier2, 4316.)


*30. Er verdienet bloss 's lau Wasser. (S. Maul 473.) – Sutermeister, 97.


*31. Er verdient ein Kästchen von Cedernholz.

Die Alten glaubten, dass das Cedernholz, auch die Eigenschaft besässe, gegen Fäulniss zu bewahren. Sie legten daher die Schriften von Werth und Wichtigkeit in Kästen von Cedernholz. Dies gab zu dem Sprichwort Veranlassung, das man gebraucht, um ein Werk zu loben.


*32. Er verdient einen Balsam, woran die Wiedehopfe ihren Schnabel wetzen.Parömiakon, 716.

Eben nicht grosse Ehre, denn die Wiedehopfe stecken ihren Schnabel bekanntlich nicht in delicate Sachen. Abraham a Sancta Clara sagt dies von Judas, dem das Nardenwasser reute, womit Jesus gesalbt wurde; überhaupt von jemand, der etwas Gutes nicht werth ist.


*33. Er verdient einen Dreier und hat für einen Sechser Durst.

Holl.: Hij verdient een' stuiver en heeft wel voor een' braspenning dorst. (Bohn I, 327.)


*34. Er verdient nicht das Salz dabei. (Nürtingen.)


*35. Er verdient nicht das Salz, viel weniger das Wasser.Frischbier2, 3890.


[1537] *36. Er verdient nicht, dass man ihn durch einen löcherichen Zaun ansieht. (S. Ausmachen.) – Palm, 109, 18.


*37. Er verdient nid 's Salz is Mus. (Luzern.)


*38. Er verdient sich keine ungeschmalzene Wassersuppe damit. (Rottenburg.)


*39. Er verdient's, wie Unkel Bill den Trunk. (Deutsch amerikanisch.)

Ironisch von jemand, der etwas nicht verdient. Noch in den vierziger Jahren lebte in einer kleinen Stadt in New-Hampshire ein Mann von etwa sechzig Jahren, der allgemein »Unkel Bill« genannt wurde, und mehr Durst als Geld hatte. Wenn ihm dies fehlte, suchte er wol durch irgendeinen listigen Trick seinen Zweck zu erreichen. So kam er einst zu einem Wirth mit den Worten: »Ich habe ihnen soeben ein halb Dutzend Kühe aus dem Garten gejagt, die Ihnen in kurzer Zeit viel Schaden gemacht haben würden.« »Grossen Dank«, sagte der Wirth, »wollen sie nicht dafür einen Trunk annehmen?« Er nahm ihn, trank ihn gemächlich und sagte beim Gehen: »Noch habe ich Ihnen nicht gesagt, wie die Kühe in ihren Garten gekommen sind. Ich habe das Thor aufgemacht und sie hineingelassen.«


*40. Es verdient Ueberlegung.


*41. He verdênt, de Sopp möt Pröckl to ête. Frischbier2, 3892.


*42. He verdênt (gewinnt) up de lange Wêke. (Holst.) – Schütze, IV, 348.

Er sammelt und legt zurück für verdienstlose Zeit.


[1538]

*43. Er verdient kaum das Wasser, das er trinkt.Horn, Spinnstube, 1859, S. 103.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867.
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