Armenien

Armenien

[121] Armenĭen (das alte), auch Großarmenien genannt, liegt östl. vom Euphrat zwischen dem schwarzen und kaspischen Meere, von Georgien und Mesopotamien begrenzt und wird vom Aras oder Araxes durchströmt.

Der östl. Theil begreift die Provinz Eriwan und einige andere Gebiete, gehörte früher zu Persien, ward aber 1828 an Rußland abgetreten; der westl., welcher jetzt Turkomanien heißt, oft aber auch noch A. genannt wird, gehört zur asiat. Türkei und bildet die vier Paschaliks Erzerum, Kars, Wan und Bajazid. A. ist gebirgig, aber fruchtbar; der höchste Berg ist der Ararat. Im westl. Theile ist der große See Wan mit salzigem Wasser und reich an Sardellen, im östl. der Eriwansee. Man baut Getreide, Südfrüchte und Obst; die Viehzucht ist bedeutend; auch fehlt es nicht an Metallen, doch liegt der Bergbau noch sehr darnieder. Die Einwohner A.'s bestehen aus Turkomanen, Kurden, Persern, Türken, Griechen, Juden und eigentlichen Armeniern. Letztere, in uralten Zeiten ein unabhängiges Volk, Kurden sehr früh durch die Assyrer unter der Königin Semiramis unterjocht; aus der assyr. Knechtschaft geriethen sie in die pers., aus dieser in die syr. und nach kurzer Selbständigkeit in die röm., wo dann ihr Land der Schauplatz der röm.-asiat. Kriege, vorzüglich gegen die Parther, wurde. Bis gegen 412 n. Chr. waren sodann die armen. Könige von Rom abhängig; später kam ein Theil des Landes an die Perser, der andere fiel in die Hände der Araber und Saracenen. Früh schon bekannten sich die Armenier zur christlichen Religion; doch um die Mitte des 5. Jahrh. entstand unter ihnen eine Trennung in katholische und schismatische Armenier, indem diese in Christo nur eine, die göttliche, jene dagegen zwei Naturen, die menschliche und die göttliche, annahmen. Diese Trennung hatte für das Volk selbst die schlimmsten Folgen. Die katholischen Armenier, schwächer an Zahl, mußten ihren Glauben Jahrhunderte lang verheimlichen und erst zur Zeit der Kreuzzüge wanderten sie nach Cilicien aus, wo sie ein eignes Königreich gründeten, das aber im 14. Jahrh. durch die Türken wieder vernichtet wurde. Unter der Herrschaft dieser hatten sie später sehr oft grausame Verfolgungen zu erdulden, die meist durch die schismatischen Patriarchen hervorgerufen wurden; so selbst noch in neuester Zeit in Konstantinopel, namentlich in den Jahren 1812–16 und 1827 und 1828. Die Armenier sind über einen großen Theil der alten Welt zerstreut und treiben meist Handel. Sie sind kriechend und unterwürfig, schlau und voll Trug und Ränke; grenzenlos ist die Unwissenheit und der Aberglaube Derer, welche die russ., türk. und pers. Provinzen Asiens bewohnen. Doch sind sie tapfer, kühn und ausdauernd in Gefahren. Ihre Nationaltracht ist sehr reich und kostbar, vorzüglich die der Krieger, wie die Abbildung zeigt. Mehre eigenthümliche Sitten haben sich unter ihnen erhalten; so dürfen unter Anderm erwachsene Söhne in Gegenwart ihrer Ältern nie sitzen. Ihre Sprache ist sehr rauh und hat viele fremde Elemente aufgenommen. Seit der größere Theil A.'s an Rußland gekommen, haben sich viele schismatische Armenier dahin gewendet, indem sie den Kaiser von Rußland als ihren legitimen Beherrscher betrachten, weil er im Besitze ihres alten Landes und des heiligen Klosters von Etschmiazin, in der Nähe des Ararat, ist. In neuerer Zeit fanden auch Ansiedelungen der Armenier in Bessarabien statt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 121.
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