Becker

Becker

[207] Becker (Rudolf Zacharias), Verfasser des »Mildheim'schen Noth- und Hülfsbüchleins« und Begründer des »Allgemeinen Anzeigers der Deutschen«, ward 1752 zu Erfurt geboren, wo sein Vater Unterlehrer am Gymnasium war und bei seinem kärglichen Einkommen fast gar nichts zur Begünstigung der Ausbildung seines Sohnes thun konnte.

Auf mühevolle Weise erwarb sich derselbe das Nothdürftigste, um die Universität Jena beziehen zu können, behalf sich dort ebenso kümmerlich, bekleidete dann eine Hofmeisterstelle am Harz und später in einem der ersten Häuser seiner Vaterstadt, wo er auch dem Reichsfreiherrn von Dalberg, kurmainz. Statthalter von Erfurt und nachmaligem Großherzog von Frankfurt, bekannt wurde und an ihm einen thätigen Gönner erhielt. Von 1782–83 war B. bei Basedow's Philanthropin in Dessau angestellt, das er aber mit Salzmann verließ, um bei Gotha eine eigne Erziehungsanstalt anzulegen, was auch in Schnepfenthal geschah. B. gab nun seit 1784 die »Zeitung für die Jugend und ihre Freunde« heraus, welche 1797 in die »Deutsche Nationalzeitung« verwandelt wurde, trennte sich von Salzmann und errichtete in Gotha eine Buchhandlung. Die erste Ausgabe seines Noth- und Hülfsbüchleins erschien 1788 und binnen 25 Jahren sollen mit den Nachdrucken desselben eine Mill. Exemplare davon abgesetzt worden sein. Das dazu gehörige »Liederbuch« kam zuerst 1799 heraus. Eine neue Zeitschrift, welche ein allgemeines Intelligenz- und Nachrichtsblatt für Deutschland werden sollte, gründete B. 1791 im »Reichsanzeiger«, der 1806 den veränderten Titel »Allgemeiner Anzeiger der Deutschen« erhielt und noch besteht. Durch diese und viele [207] andere literarische Unternehmungen hatte B. seit 20 Jahren rastlos gestrebt, gemeinnützige Kenntnisse und Grundsätze echter Lebensweisheit unter dem Volke zu verbreiten, als er im Nov. 1811 auf des damals in Napoleon's Namen über Deutschland waltenden Marschalls Davoust Befehl plötzlich verhaftet und nach Magdeburg gebracht wurde. Gleichzeitig bemächtigte man sich seiner Papiere, worin man den Schlüssel zu einer großen Verschwörung zu finden hoffte, und obgleich dieselben nicht zu dem geringsten Verdachte Veranlassung gaben, wurde B. dennoch erst nach 17 Monaten auf Verwenden des Herzogs August von Gotha seiner Familie wiedergegeben. Während seiner Gefangenschaft hatte er das »Noth- und Hülfsbüchlein« einer gänzlichen Umarbeitung unterworfen; auch gab er später die Geschichte seiner »Leiden und Freuden im Kerker« heraus und starb nach langer Krankheit 1822 als fürstl. schwarzb.-sondersh. Hofrath. Kein anderer deutscher Schriftsteller hat sich bei seinen volksthümlichen Bestrebungen eines ähnlichen Erfolgs, wie er, erfreut und noch jetzt ist sein »Noth-und Hülfsbüchlein« ein unübertroffenes Muster für Schriften im Volkstone.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 207-208.
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