Blöde

[267] Blöde ist im Allgemeinen gleichbedeutend mit schwach und furchtsam, daher man auch ältere und jüngere Personen blöde nennt, die vielleicht aus Mangel an Übung sich im Umgange mit Andern schüchtern und linkisch benehmen. Vorzugsweise gebraucht man aber diesen Ausdruck von Personen mit schwachen Augen, welche blödsichtig, und von Personen mit schwachen Verstandeskräften, welche blödsinnig heißen. Es gibt jedoch verschiedene Grade des Blödsinns, der sich von Verstandesschwäche im Allgemeinen, die sich besonders durch mangelhafte Fassungs- und Gedächtnißkraft äußert, bis zu gänzlicher Abwesenheit der Geistes- und Gemüthsthätigkeit steigern kann, sodaß solche Unglückliche nur thierische Triebe und Neigungen kennen, wie z.B. die Kretinen (s.d.). Außer der von einem solchen mangelhaften Geistes- und Gemüthszustande bedingten Verkehrtheit der Vorstellungen und Handlungen Blödsinniger, verrathen sich dieselben auch durch ihr entsprechendes Äußere. Allgemeine Trägheit und Erschlaffung spricht sich in allen ihren Bewegungen aus, ihr Blick ist unstät und matt, das Gesicht bleich und gedunsen, ihre Haltung nach vorn gekrümmt, ihr Gang schwerfällig und schwankend. Das Sprechen fällt ihnen schwer und ihre Rede ist daher meist unverständlich, der Mund steht häufig offen und sie lachen und weinen oft ohne Veranlassung; dabei sind sie leicht zum Zorn zu reizen, oft heimtückisch und boshaft und scheuen die Menschen und das Arbeiten. Ursachen des Blödsinns sind zuweilen erbliche Anlagen, Fehler in der Bildung des Schädels und Gehirns oder Verletzungen und Krankheiten desselben, ferner zurückgetretene Ausschlagskrankheiten, unterdrückte Fußschweiße, auch übermäßige Geistesanstrengung bei gleichzeitiger Erschöpfung der Körperkraft, Leidenschaften, Ausschweifungen, der Trunk, hohes Alter u.s.w. Auch örtliche Einflüsse, z.B. besonders schwüle Luft und der Aufenthalt in tiefen Thälern kommen dabei in Betracht. Die Heilung des Blödsinns hängt natürlich von der Veranlassung desselben ab und ist bei jungen Leuten eher möglich als bei ältern. Vorzüglich wenn das Übel noch in der Entwickelung begriffen oder überhaupt in geringerm Grade vorhanden ist, gelingt es zuweilen der ärztlichen Kunst, Blödsinnige noch zu einigermaßen brauchbaren Mitgliedern der bürgerlichen Gesellschaft zu machen, allein in sehr vielen Fällen zeigt sich das Übel als unheilbar.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 267.
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