Gellert

Gellert

[173] Gellert (Christian Fürchtegott), der fromme Liederdichter, der gemüthliche Fabelerzähler, war der Sohn eines armen Predigers in dem kleinen Städtchen Hainichen bei Freiberg im sächs. Erzgebirge und wurde daselbst am 4. Jul. 1715 geboren.

Nachdem er sich einige Jahre auf der Fürstenschule zu Meißen vorbereitet, bezog er 1734 die Universität Leipzig, um sich dem Studium der Theologie zu widmen. Er bewarb sich jedoch später um keine öffentliche Anstellung, weil er seine Gesundheit für zu schwächlich hielt, um die Geschäfte eines Amtes gewissenhaft erfüllen zu können. Er wurde 1739 Erzieher zweier junger Edelleute in der Nähe von Dresden und bereitete dann den Sohn seiner Schwester zur Universität vor, mit welchem er 1741 wieder nach Leipzig kam. Hier trat er zuerst 1742 als Schriftsteller auf, indem er Beiträge zu einer von Schwabe herausgegebenen Zeitschrift: »Belustigungen des Verstandes und Witzes« lieferte. Nachher gab er mit mehren Freunden die »Bremischen Beiträge« heraus. Seine ersten Arbeiten waren vorzüglich Fabeln und Erzählungen, welche durch die leichte, verständlich einfache Sprache, den treffenden und doch niemals verletzenden Witz, die gutmüthige Schalkheit, welche ihnen eigen sind, bald Beifall fanden und Aufmerksamkeit erregten. Im J. 1745 wurde G. durch Vertheidigung einer lateinischen Abhandlung Lehrer an der leipziger Universität, und 1751 erhielt er den Titel eines außerordentlichen Professors der Philosophie. Er [173] hielt als solcher Vorlesungen über Ästhetik, Rhetorik, Pädagogik und Moral, in welche eine große Anzahl von Zuhörern strömte, die ihn jedoch nur mit einem höchst unbedeutenden Gehalt belohnt wurden. Später wurde ihm eine ordentliche Professur angetragen, die er aber ausschlug, weil er theils wirklich krank war, theils von einer so melancholischen Stimmung sich beherrschen ließ, daß er seinen Zustand für noch schlimmer hielt, als er war. Nicht bald ist ein Dichter so in den Mund des Volkes übergegangen und in das Herz desselben eingedrungen, wie G. Seine echt religiösen Lieder, wenn sie auch der Kraft älterer Kirchengesänge entbehren, nehmen in den christlichen Gesangbüchern die würdigste Stelle ein, und seine Erzählungen gefallen dem Kinde wie dem Manne, denn neben der größten Einfachheit enthalten sie die echteste Lebensweisheit. Die Gellert'schen Verse nehmen sich wie die fließendste Prosa aus; man wundert sich, wie so leicht und ungezwungen der Reim sich findet, ohne daß ein mächtiger Schwung der Begeisterung sichtbar ist. Noch mehr mußte man G. liebgewinnen, wenn man ihn persönlich kennen lernte. Die reinste Sittlichkeit zeichnete ihn während seines ganzen Lebens aus, die herzlichste Gutmüthigkeit ließ ihn Alles aufopfern, um dem Hülfsbedürftigen beizustehen. Seine Persönlichkeit war so angenehm wie sein ganzes Wesen. Er nahm ihm gespendetes Lob mit einer fast jungfräulichen Bescheidenheit auf, war aber stets bereit, das Gute an Andern anzuerkennen. Er war nie verheirathet Die Anerkennung, die man seinen Schriften und seinem Charakter zollte, drückte sich bei vielen Gelegenheiten aus. Besonders seine Schüler hingen an ihm mit unbegrenzter Verehrung. Graf Moritz von Brühl, einer seiner Schüler, ließ ihm eine jährliche Pension von 150 Thlrn. zukommen, ohne sich als den Geber zu erkennen zu geben. Vornehme Personen suchten ihn auf, um seine Bekanntschaft zu machen. König Friedrich der Große, der ihn bei seiner Anwesenheit in Leipzig zu sich kommen ließ, fällte über ihn das Urtheil: »er sei der vernünftigste aller deutschen Gelehrten«. Auch die Prinzen Karl und Heinrich von Preußen suchten ihn auf und der Letztere machte ihm ein Reitpferd zum Geschenk. Zu den rührendsten Beweisen der Liebe, die G. bei allen seinen Zeitgenossen genoß, gehört der, daß ein Bauer ihm ein Fuder Brennholz vor die Thüre fuhr, weil ihm G.'s Fabeln so sehr gefallen hatten. G. fand nach vielen langwierigen Leiden am 13. Dec. 1769 einen sanften Tod.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 173-174.
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