Herman

[377] Herman, von den Römern Arminius genannt, wird mit Recht noch jetzt als der Befreier Deutschlands vom Joche der Römer gefeiert. Er bekämpfte und besiegte die Römer und befreite dadurch sein Vaterland, wie dieses einer der berühmtesten röm. Geschichtsschreiber, Tacitus, bezeugt. Dies geschah zu einer Zeit, wo das röm. Reich noch in der größten Kraft und Blüte bestand, zur Zeit des Kaisers Augustus. Die Römer hatten sich bereits fast des ganzen westl. Theils von Deutschland bemächtigt und waren bemüht, ihre Gewalt immer weiter, nicht nur mit den Waffen, sondern auch durch das allerdings sicherer wirkende Mittel der Verbreitung röm. Bildung, röm. Gesetze und röm. Sitten auszudehnen und immer fester zu begründen. Wie viele andere Jünglinge aus vornehmen Geschlechtern der Deutschen, so wurde auch H., geb. 18 v. Chr., ein Sohn des Cheruskerfürsten Sigimar oder Sigmar, nach Rom gebracht und dort erzogen. Später nahm ihn Kaiser Augustus in sein Heer auf und ertheilte ihm zugleich die Würde eines röm. Ritters. Aber H. ließ sich durch den Glanz des Römerthums nicht verblenden, er dachte im Stillen an die Befreiung seines theuern, in schmählicher Knechtschaft erliegenden Vaterlandes. Er hatte den röm. Feldherrn Varus nach Deutschland begleitet, welcher die Einführung röm. Gesetze und Sitten zum Hauptgegenstande seiner Bestrebungen machte. H., wohl einsehend, daß sich die ungebildeten Deutschen mit den krieggeübten Römern in einer offenen Schlacht nicht messen könnten, nahm gegen Varus die Maske freundschaftlicher Ergebenheit an, während er im Stillen mit den deutschen Fürsten Pläne zur Vernichtung des feindlichen Heers entwarf, deren Folge die 9 n. Chr. im teutoburger Walde erfolgte Niederlage der Römer war. (S. Deutschland.) Nun zerstörte H. die röm. Festungen an der Elbe, an der Weser und am Rhein und war bemüht, die Deutschen, welche bisher nur nach Art roher Völker in regellosen und planlosen Schwärmen in der Schlacht gekämpft hatten, an eine der röm. entsprechende Kriegführung zu gewöhnen. Bald brach ein Krieg der Deutschen untereinander aus, der den Römern Gelegenheit verschaffte, wieder in Deutschland festen Fuß zu fassen. H. hatte nämlich die Thusnelda, die Tochter eines mächtigen deutschen Fürsten, Segestes, entführt und zur Gemahlin genommen. Es entbrannte ein Krieg; H. belagerte den Segestes und dieser rief die Römer zu Hülfe, welche unter dem trefflichen Feldherrn, welcher von seinen Siegen in Deutschland den Beinamen Germanicus (s.d.) erhielt, kamen. Germanicus siegte und nahm sogar die Thusnelda gefangen. Aber wiederholt stellte sich H. den Römern entgegen und hielt sich mit seinen Deutschen so tapfer, daß er, wenn auch von dem großen Germanicus besiegt, doch die Römer verhinderte, sich in Deutschland zu befestigen. Auch dem deutschen Fürsten Marbod, König der Sueven und Stifter des markomannischen Reichs, welcher nach der Herrschaft über alle deutschen Stämme strebte, trat H. 17 n. Chr. kräftig entgegen. Er besiegte ihn, obgleich sein eigner Oheim, Inguiomar, der ihm gegen die Römer Beistand geleistet, von ihm abfiel. Aber auch H. selbst kam in den Verdacht, nach königl. Ansehen zu streben und wurde 19 n. Chr. von seinen Verwandten vergiftet. Kurze Zeit vorher hatte der Fürst der Kelten dem röm. Senate das Anerbieten gemacht, den H. ermorden zu wollen, war aber zurückgewiesen worden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 377.
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