Kaiser

[528] Kaiser (lat. Imperator oder Augustus) ist der vornehmste Titel, welcher einem weltlichen Herrscher ertheilt zu werden pflegt. Nachdem Rom seine Könige vertrieben und Jahrhunderte lang als Republik bestanden hatte, fügte es sich endlich unter die geistige, auf allgemeine Verehrung gegründete Macht des Julius Cäsar (s.d.), den gefeierten Imperator (s.d.), und nachdem dieser ermordet worden war, die Römer sich aber einmal daran gewöhnt hatten, die höchste Macht in der Hand Eines Mannes vereinigt zu sehen, wurde es dem Adoptivsohne und Rächer des Cäsar, Augustus (s.d.), leicht, zur Oberherrschaft zu gelangen. Der Überrest der republikanischen Gesinnung des Volkes war der Haß gegen den Titel König (lat. Rex), und so mußten die ersten Beherrscher Roms noch republikanische Titel und Formen beibehalten. Bei der Weitläufigkeit der röm. Herrschaft nahmen die meisten röm. Imperatoren einen Gehülfen oder Mitregenten, der auch zu ihrem Nachfolger bestimmt war, an, und dieser führte vorzugsweise den Titel Cäsar, welcher griech. Kaisar geschrieben wurde, woraus denn das deutsche Kaiser entstanden ist. Als Karl der Große 800 zu Rom gekrönt wurde, ward er zugleich der Schutzherr der Kirche und vereinigte mit seiner Würde die Oberherrlichkeit über die ganze Christenheit, [528] welche an Rom geknüpft war, und so er hielt er den Titel eines römischen Kaisers. Auch später noch blieb der Kaisertitel mit Rom in Zusammenhang, wie denn zuerst nur ital. Fürsten denselben führten. Otto I. vereinigte erst 962 die Würde eines röm. Kaisers mit der des Königs von Deutschland. Der Kaiser behauptete den ersten Rang unter allen Fürsten der Christenheit und die Krönung desselben geschah ursprünglich stets in Rom durch den Papst; daher die röm. Könige mit großem Gefolge und Heeresmacht durch die Lombardei nach Rom zu ziehen pflegten. Seit Maximilian I. kamen die Römerzüge ab und die Kaiser wurden in Deutschland gekrönt. (Vgl. Deutsche Kaiser.) Franz II. war der letzte röm.-deutsche Kaiser. Nachdem das deutsche Kaiserreich 1000 Jahre bestanden und allmälig immer mehr an Macht und Festigkeit verloren hatte, weil die einzelnen Reichsfürsten zu einer die Gewalt der Kaiser aufhebenden Selbständigkeit gelangt waren, wurde es durch Errichtung des Rheinbundes factisch aufgelöst und der Kaiser dankte 1806 ab, führte aber dafür als Franz I. den Titel eines Erbkaisers von Östreich. Schon in frühern Zeiten hatten sich, um ihre Selbständigkeit dem deutschen Reiche gegenüber zu behaupten, die Könige von Castilien, Frankreich und England kaiserl. Würde beigelegt, und Peter I. nannte sich seit 1721 Kaiser von Rußland, wurde als solcher aber erst später von den übrigen Staaten anerkannt. Napoleon nahm den Kaisertitel an, weil er mit Verwirklichung der Idee umging, einen europ. Staatenbund unter Frankreichs und seiner Oberleitung zu errichten. Der Sultan in Konstantinopel wird häufig als türk. Kaiser bezeichnet, hat jedoch diesen Titel sich niemals beigelegt, noch haben ihn die übrigen Mächte als Kaiser anerkannt. Das bedeutendste Kaiserreich außerhalb Europas ist das von Brasilien, und übrigens pflegen auch die Beherrscher von Sina, Japan, Siam, Fez und Marokko u. A. als Kaiser bezeichnet zu werden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 528-529.
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